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KUNST Stücke: Gegen das Licht

Licht und Schatten rhythmisieren den Kreuzgang. Wie in einem Falten-Tanz vibrieren die Fensterbänder von Sainte-Marie de la Tourette.

Licht und Schatten rhythmisieren den Kreuzgang. Wie in einem Falten-Tanz vibrieren die Fensterbänder von Sainte-Marie de la Tourette. Gleich neben Le Corbusiers Beton-Glas-Konstruktion befindet sich der Wandelgang des Klostergartens von Le Thoronet – Inkunabel der Zisterzienser-Schlichtheit, steingewordene Spiritualität. Jens Knigge spannt mühelos den Bogen zwischen spätromanischer Baukunst und dem Brutalismus der fünfziger Jahre. Seine Fotografien erfassen die Fundamente dieser architektonischen Welten so akribisch, dass man verblüfft auf Gemeinsamkeiten stößt. Le Corbusier ließ sich von Bernard von Clairvaux inspirieren, nach dessen Vorgaben die Abtei in der Provence gebaut worden war. Knigge, 1964 im sächsischen Eilenburg geboren, hat sein Sujet durchdrungen. Mit einer Intensität, die auf jedem Zentimeter der 36 teils ungewöhnlich großformatigen Platin-Abzüge bei Johanna Breede Photokunst (Fasanenstraße 69, bis 13. Oktober) spürbar ist. Diese spannungsreich reduzierte Architekturfotografie verzaubert regelrecht, wenn Le Corbusiers Altar und die „Lichtkanonen“ der Krypta im geschickten Anschnitt zu Kreis und Quadrat, den grundlegenden Formelementen, abstrahiert werden. Die kaum noch gebräuchliche Platintechnik erlaubt eine Präzision, die jeden Einschluss im Kalkstein der Arkaden und Pfeiler von Le Thoronet sichtbar macht (Preise: 950 bis 8900 Euro).

Nicht gar so aufwendig, aber ebenfalls analog arbeitet Alexander Fischer. „Jeder Effekt könnte auch in der Dunkelkammer erzielt werden“, sagt der 1967 in Stuttgart geborene Fotograf. Eine Art Paradiesvogel steht im Bildzentrum. Wie aufgeschreckt, das zersauste, violett-weiße Gefieder um einen sattgrünen Körper – könnte man denken. Wären da nicht die kerzengerade Symmetrie und der artifiziell weiße Hintergrund. Was da so vogelgleich flattert, ist ein blühender Apfelbaum. Fischer setzt die Natur mit gezielter Bewegungsunschärfe in Szene. Aus der Unterperspektive, im extremen Gegenlicht und mit langer Belichtungszeit. Der direkte Blick in die Sonne verleiht den Fine-Art- und Lambda-Prints eine weiße Flächigkeit, auf der die Dinge schweben und eine aparte Fremdartigkeit entwickeln. Als Kontrast präsentiert „Der entspannte Blick“ in der Galerie Seitz & Partner (Carmer Straße 10, bis 25. September) farbkräftige Abstraktionen, in denen sich ein Herbstbaum zur rein malerischen Struktur auflöst oder Dahlien in Flugkörper verwandelt werden (Preise: 480 bis 4000 Euro).

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