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KUNST Stücke: Kunstherz

Glas, Eisen, Stahl. Andreas Bunte entdeckt die Schönheit des Materials in Fabriken, Gewächshäusern und Treppengeländern.

Glas, Eisen, Stahl. Andreas Bunte entdeckt die Schönheit des Materials in Fabriken, Gewächshäusern und Treppengeländern. „Künstliche Paradiese“ nennt der Künstler seine gesammelten SchwarzWeiß-Bilder des 19. Jahrhunderts: hier ein Jugendstilgitter voller Ornamente, dort der Eiffelturm mit seiner klaren Struktur. Künstliche Paradiese schafft allerdings auch Bunte selbst. Sein Recherchematerial nimmt er mit der Kamera auf und stellt es zu einer Diashow zusammen - um dann so lange mit Überblendungen zu arbeiten, bis die Abfolge wie ein eigener Film wirkt (Konvolut aus drei Filmen und Recherchematerial: 36 000 Euro, Unikat). Das Ergebnis ist nur schwer in die Gegenwart einzuordnen. Wenn in der Galerie Ben Kaufmann der Projektor zu rattern beginnt und verwackelte Bilder an die Wand wirft, sitzt man bereits in einer Zeitmaschine (Strausberger Platz 8, bis 19. Dezember). Und wird an die Anfänge der Industrialisierung katapultiert. Genauer: in eine Wüste aus Antennenmasten, Brücken und Werkhallen. In die Natur fügt sich die technische Revolution bei Bunte zwar nahtlos ein, nicht aber in die Gesellschaft. Bauleiter und Gärtner sind nur auf wenigen Fotografien zu sehen. Wie Geister stehen halbfertige Bauten in der Landschaft. Und die Palmen in den Tropenhäusern? Müssen dort einfach gewachsen sein. Andreas Bunte greift Phänomene der Zeit auf, um unsere konstruierte Welt darzustellen.

Stein, Kalk, Granit. Der Fotograf Alexander Rischer setzt in seinen Schwarzweißaufnahmen auf Mauern, Friedhöfe und Kirchen. Sie sind schlicht, strahlen Ruhe aus und gehen stets eine Symbiose mit der Natur ein. So etwa der Silbergelatineprint einer „Sonnenuhr“ (3er-Edition, 1200 Euro). Würde er in der Ausstellung „Gismo“ der Galerie Adamski (Strausberger Platz 3, bis 16. Januar) nicht an der Wand hängen, könnte man den darauf abgebildeten Herbst förmlich riechen: Wie ein Totempfahl steckt die steinerne Uhr im Gras, umgeben von feuchten Blättern und kahlen Ästen. Wie viele Jahre sie schon angezeigt hat? Auch Rischer lässt Fragen offen. Er zeigt Konstrukte aus Menschenhand ohne Menschen. Künstliche Paradiese. Spuren der Zeit. An einer Kapelle blättert der Anstrich ab, in den Fugen eines Brunnens wächst Gras. Bunte und Rischer: Künstler, die von der Moderne erzählen, indem sie die Vergangenheit zeigen.

Annabelle Seubert

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