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KUNST Stücke: Lebensläufe

Seit über zehn Jahren wandert der österreichische Künstler Höpfner. Er durchstreift Saharagebiete, tibetische Hochebenen, chinesische Steinwüsten.

Seit über zehn Jahren wandert der österreichische Künstler Höpfner. Er durchstreift Saharagebiete, tibetische Hochebenen, chinesische Steinwüsten. Naturgemäß reduziert er sein Gepäck auf das Nötigste, doch begleiten ihn auf allen Wegen Stifte, Notizhefte und Kamera. Höpfners schwarz-weiße Abzüge und Bleistift notationen zeichnen äußere und innere Wegstrecken nach. Unromantisch und doch wie aus anderen Zeiten. Sie verlangsamen den Blick, zoomen in karstige Naturformationen und öffnen die Sicht für den Raum zwischen nahem Boden und weitem Horizont. Als würde das nicht genügen, bremst ein Netzwerk aus Wollfäden den Schritt des Betrachters. Will man es nicht zerreißen, muss man sich bücken. So verlässt man – wirksam zwar nur für Momente – das urbane Hochgeschwindigkeitsleben. In die Wüste zu gehen, so steht’s bei Otl Aicher, ist in Hochkulturen ein Akt der Reinigung, Selbstvermessung und Schärfung des Denkens. Wie sehr es wirkt, sieht man an Höfners Arbeiten.

Marc Aschenbrenner besucht als Akteur seiner Videos die inneren Wüsten. Doch existenziellen Fragen stellt er sich genauso, wenn er während der Performance in seine extremen Verhüllungen einsteigt. Ein Wesen – reduziert in Beweglichkeit, Erkennbarkeit, Sichtfeld – wandert dann durch verlassene Bauten, zieht in grottige Ecken. Es steigt, quetscht, klettert, hechelt, schleppt. Bläht sich auf, fällt in sich zusammen. Ganz groß. Ganz sperrig. Manchmal auch an der Grenze. Und der Dialog zwischen Aschenbrenners und Höpfners Position in der Galerie Olaf Stüber (Max-Beer-Straße 25, bis 7. März ) – einfach kongenial.

Die Japanerin Hanayo wandert schon so lange zwischen den Welten, dass man den Spuren ihrer multitalentierten Vita mit üblichen Begriffen kaum folgen kann. Einzelne Zuordnungen als Geisha, Fotografin, Tänzerin, Musikerin und Videokünstlerin erzählen rein gar nichts von ihrem Gesamtwerk. Eine synästhetische Arbeit ist ihr jetzt in der Galerie Birgit Ostermeier (Brunnenstraße 10, bis 14. Februar) gelungen: „On a genetic Level: Smell, Light, Laughter, Memory, Tear“. Übersetzungvorschläge dafür liefert sie, aber alles spielt auf der Meta-Ebene. Wie Spieler und Gegenspieler füllen Fundstücke und Artefakte den Raum und vernetzen sich miteinander. Holz und Haare, Leiter und Treppen, Türen und Fenster. Schlitten, Schrank und Schrott. Es gibt alles von harscher Romantik bis zur treffenden Unschärfe. Hanayo sammelt und sichtet Fundstücke. Nicht nur die Fotos sind von Hand abgezogen. Ihre Hand ist überall. Es riecht nach Shampoo, getrocknetem Laub, viel altem Holz. Aber wie viele bildhaft klingende, duftende Rätsel sich beim Gesamteindruck vom Innenleben hier präsentieren wie verhüllen, das ist nicht zu sagen. Das bleibt Geheimnis, es kommt von innen und zielt dahin. Der Wert dieser Arbeit hat mit Tauschwerten auf dem Markt nichts zu tun. Nur die kleine Edition (100 €) hat einen Schnäppchenpreis.

Thea Herold

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