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KUNST Stücke: Michaela Nolte erkundet gemalte und fotografierte Körper

Körperlichkeit, gar Sexus in der iranischen Kunst – das will in unseren westlichen Vorstellungen nicht so recht zusammengehen. Ein Vorurteil, das die Ausstellung Iranian Bodies in der Werkstattgalerie (Eisenacher Straße 6, bis 12. März) nun widerlegt.

Fünf Künstlerinnen und Künstler, die im Iran geboren sind und zum Teil dort leben, reflektieren die vom Mullah-System tabuisierten Zonen. Quer durch die Medien und bisweilen nicht zimperlich (Preise: 1400-12 500 Euro). Mit einem klaustrophobischen Realismus taucht Mitra Farahni Körper unter Wasser. Dass sich die Männer und Frauen im „Bad“ oder „Hammam“ entspannt dem Reinigungsritual hingeben, darf bezweifelt werden. Denn die Malerin und Filmemacherin positioniert ihre Bilder geschickt auf der Schwelle von Lust und Tod. Während die 1983 geborene Nikoo Tarkhani das islamische Bilderverbot mit frechen Selbstbildnissen und einem unterkühlten Duktus umgeht, collagiert Fereydoun Ave Zeitungsfotos von Ringern in seiner Serie um den mythischen Helden Rostam. Ihre Figuren aus Holz und Wachs lässt Narmine Sadeg an einer Tischtennisstange baumeln: in trauriger Sinnlichkeit, der eigenständigen Bewegung beraubt. Süffisant attackiert Ramin Haerizadeh die strengen Moralvorstellungen. Mit digitalen Collagen von skurriler Erotik inszeniert sich der 1975 geborene Fotograf samt imposantem Vollbart in traditionellen Frauengewändern und mit Arabesken, die seinen nackten Körper zieren wie Tattoos. Eine eindeutige Provokation – nicht zuletzt ob des Titels „Men of Allah“. Nach Ausstellungen in Europa wurde Haerizadeh 2009 die Rückkehr in seine Heimat verweigert.

Einen derart restriktiven Umgang mit der Körperlichkeit hat man auf Kuba weder als Künstler noch im Alltagsleben zu befürchten, das beweisen die Fotografien von Edward Longmire in der Wall Gallery eindrücklich (Brunnenstraße 39; bis 4. März). Eine unverkrampfte Sinnlichkeit ist für die beiden Mädchen am öffentlichen Telefon – mit ihrer zwischen Unschuld und erotischer Attitüde schillernden Körpersprache – ebenso selbstverständlich wie für die „Frau mit Fächer“, die Longmire stolz und pulsierend zeigt. Der in Tschechien lebende Brite erweist sich als feinsinniger Beobachter kleiner Geschichten, die er in seinen dokumentarischen Fotografien ungeschönt, aber mit großer Empathie einfängt. In seinen Porträts, die bei aller gebührenden Distanz durch Offenheit beeindrucken, aber auch in den Aufnahmen, die den Körper der Stadt einfangen. Seinen Rhythmus und seine Wunden. Wie die neoklassizistische Ruine im einst noblen Villenviertel Havannas, die vor einer Hochhausfassade dem Untergang geweiht ist.

„In fünf Jahren will ich wieder nach Kuba“, erzählt Longmire, „weil mich auch die historischen Prozesse interessieren. Angst hab’ ich nur, dass dann der erste McDonald’s in Havanna eröffnet hat.“ Im Hinblick auf das Gespräch ist es erfreulich, dass der Fotograf seine eigene Ausstellung bewacht. Dennoch sollte ein Raum, der sich Galerie nennt, in diesem Punkt professioneller agieren. Aufhorchen lässt auch die 500er-Auflage; dafür kosten die Fotografien je nach Größe 350 bis 1000 Euro.

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