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KUNST Stücke: Ruckelbilder

Kunst vom heimischen Sofa aus ersteigern. Mit einem Klick statt Bieterkarte, live und in Echtzeit.

Kunst vom heimischen Sofa aus ersteigern. Mit einem Klick statt Bieterkarte, live und in Echtzeit. „So versteigert man heute“, verkündet das Berliner Auktionshaus auctionata (www.auctionata.com) und wirbt für die „erste Live-Auktion in der Geschichte des Internets“. Das macht neugierig. Um die Kampfansage ans traditionelle Auktionswesen mitzuerleben, begeben wir uns nach Kreuzberg, wo die Premiere in einem Fernsehstudio aufgezeichnet wird, während potenzielle Käufer ein Haus weiter klassisch mitbieten können. Nur hapert es hier an der Übertragungstechnik. Zum Trost reichen die Damen vom Catering Häppchen, und man betont, dass im Internet alles reibungslos laufe. Zwischen Bild- und Tonausfällen probieren wir, die Auktion auf dem iPad zu verfolgen. Zu sehen ist die Schaltfläche mit dem Einstiegsgebot für eine Zeichnung von Saul Steinberg. Der Auktionator? Fehlanzeige: Für dieses Gerät ist die Live-Funktion nicht zugelassen.

Beim nächsten Aufruf erscheint Fabian Markus dann doch auf der Videoleinwand. Pünktlich zur Hauptattraktion, dem Bild „Rosen II“ von Oskar Kokoschka. Auctionata ist sich sicher – anerkannte Kokoschka-Experten sind anderer Ansicht. Ihr Urteil kann man auf der Website lesen, während in einem Video Victor Wiener als einer von weltweit 250(!) auctionata-Experten erklärt, was dennoch für die Autorschaft spricht: Kokoschka persönlich habe die Authentizität einst bestätigt. Dass Fachleute irren können, muss sich auch Anton gedacht haben, der wie alle Bieter vom Auktionator beim Vornamen angesprochen wird. Für 7500 Euro, der Hälfte des Schätzpreises, geht das nicht nur stilistisch zweifelhafte Bild in die Schweiz. Für einen Kokoschka ein Schnäppchen, für ein Falsifikat ein stolzer Preis. Aber vielleicht hat Anton Glück – Experten können ihre Meinung ändern. Bis dahin erfolgt der Kauf „auf eigenes Risiko“. In der Regel gibt auctionata allerdings eine 25-jährige Echtheitsgarantie. Und das ist wirklich ein Novum, weder bei großen noch bei kleineren Auktionshäusern zu finden.

Doch bei aller Souveränität, mit der der Mann am Pult die virtuelle Gemeinde animiert – es hapert an einer Dramaturgie, die über vier Stunden für 100 Losnummern bei Laune hält. Was nicht zuletzt am Angebot liegt, das eher einem Gemischtwarenladen entspricht. Die Kunstofferte wartet mit C-Pictures auf, deren Schätzpreise bei näherer Betrachtung nicht gar so günstig sind. Das Gros der Objekte, darunter Schmuck und Möbel, kommt ohnehin zu den sehr niedrigen Startpreisen unter den Hammer. Nennenswerte Erfolge gibt es für chinesische Bogenschützenringe und einen Anhänger aus weißer Jade der Qing-Dynastie, der bei Zuschlag 30 000 Euro (Taxe: 5000 Euro) erzielt, und der überhaupt höchste Preis ist 75 000 Euro für ein schwarzes Jadegefäß. Hier kommt auctionata-Gründer und CEO Alexander Zacke ins Spiel. Denn im Asiatika-Handel verfügt der 1966 geborene Wiener über große Expertise. Als Spross einer renommierten Asiatika-Galerie ebenso wie als Mitarbeiter des Wiener Dorotheums. Nach Interneterfahrungen als Ebay- Powerseller entwickelte er mit Technikchef Georg Untersalmberger die patentierte Software für den Live-Video-Stream, der den Auktionsmarkt revolutionieren soll.

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