zum Hauptinhalt

KUNST Stücke: Teufels Töchter

Thema Frau– solch ein Ausstellungstitel kann nicht ernst gemeint sein, schon gar nicht in der Galerie September, wo Künstler mit den Zeichen von Pop- und Subkultur spielen. Ein erster Blick in die Gruppenschau zeigt jedoch, dass die an Workshop-Hausaufgaben erinnernde Überschrift nicht nur ironisch verstanden wird.

Thema Frau

– solch ein Ausstellungstitel kann nicht ernst gemeint sein, schon gar nicht in der Galerie September, wo Künstler mit den Zeichen von Pop- und Subkultur spielen. Ein erster Blick in die Gruppenschau zeigt jedoch, dass die an Workshop-Hausaufgaben erinnernde Überschrift nicht nur ironisch verstanden wird. Die 15 Teilnehmer, unter ihnen Gastkünstler wie Chloe Piene und Rainer Kamlah, sind der Einladung der Galerie mit Arbeiten gefolgt, die zeigen: Beim „Thema Frau“ geht es noch immer um Textilien und Nähen, Haut, Körper und Fortpflanzung, um Macht, Unterwerfung und zwanghaftes Waschen wie schon seit Lady Macbeth. Das klingt schwer, ist es jedoch nicht. Luftig leicht schwankt Ursula Döbereiners „Mutter-Tochter-Girlande“ unter der Decke, vier Reihen kleiner Kopien von zwei Zeichnungen, die die Filmfigur Chris MacNeil und ihre vom Teufel besessene Tochter aus dem Horrorstreifen „The Exorzist“ zeigen. Döbereiner hat die Porträts übernäht, kreuz und quer. Der mehrfache Verfremdungseffekt lässt die beherrschte Mutter jetzt völlig versteinert, die teuflische Tochter dagegen sehr menschlich wirken. Ein zweiter, längerer Blick zeigt dann, dass nicht nur Frauen das „andere Geschlecht“ sind: Rund 50 Jahre nach Beauvoirs Buch gilt auch das Mannsein als kulturelles und soziales Konstrukt. Deutlich wird das an Conny Karlssons digitalem Protokoll eines Transvestiten, der von Gewalt beim anonymen Sex mit mehreren ihm unbekannten Männern berichtet. Zart dagegen deutet es sich in Renata Stihs fotografischen Doppelporträts aneinandergelehnter junger Männer von 1980 an, deren Patina den Blick für diesen historischen Perspektivwechsel schärft (Charlottenstraße 1, bis 25. September, Di-Sa 12-18 Uhr).

Doppelhaushälfte ist noch so ein Titel, der falsche Erwartungen provoziert. Von Eigenheimsiedlungen, gar Vorstadthausfrauen keine Spur. Ayse Erkmen, die Regisseurin mächtiger Interventionen, zeigt sich in der Galerie Barbara Weiss erneut als Meisterin auch der kleinen Form. Neun bunte Emailleflächen an der Wand lassen an Grundrisse oder Maschinenteile denken. Im Kabinett wandern animierte geometrische Figuren über die Wand. Sie kreisen und pulsieren wie Lichtspiele in einem Club. Den „Tanzboden“ aber hat Erkmen eingerollt: Im Raum liegt Kunststoff, aus dem die Künstlerin Rechtecke in den Maßen der Galerieräume im oberen Stock ausgeschnitten hat. So ihrer im Werktitel „Tanzboden“ behaupteten Funktion enthoben, verwandelt sich die altweiße Fläche in eine flexible Skulptur, die auf Proportionen und Atmosphäre der Galerie aufmerksam macht – einer inzwischen festen Station auf den Wegen der Künstlerin, die hier zum vierten Mal ausstellt (Zimmerstraße 88–89, bis 23. Oktober, Di–Sa 11–18 Uhr).

Claudia Wajhudi

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false