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KUNST Stücke: Unterm Schirm

Was für ein Spiel der Ambivalenzen. Der Künstler Dieter Detzner begrüßt die Gegensätze, die sich auch in seinen Arbeiten wiederfinden.

Was für ein Spiel der Ambivalenzen. Der Künstler Dieter Detzner begrüßt die Gegensätze, die sich auch in seinen Arbeiten wiederfinden. Einerseits überlässt er dem Zufall, welche Formen sich auf den mit Ruß geschwärzten Spiegeln ergeben. Dafür hängt er ein Pendel an seine Atelierdecke und versetzt es in Schwingungen. „Ich entscheide noch, ob das Pendel kreisförmig oder in Linien über den Spiegel fährt, der Rest passiert von alleine“, so der Künstler. Andererseits sperrt er seine Spiegel-Bilder dann unter eine Plexiglashaube aus strengen, geometrischen Formen, die er selber im Atelier in Kleinstarbeit zusammenschweißt. Kreuze und Quadrate lassen an den russischen Konstruktivismus denken. Eine Parallele, die durchaus gewollt ist.

Die Arbeit „DD11A03“ (10 000 €) besteht aus einem rechteckigen, großen Spiegel. In den schwarzen Ruß hat das Pendel vertikale Linien gezeichnet. Durcheinander, zufällig. Die Haube aus Plexiglas, die über dem Spiegel liegt, wird von einer kreuzähnlichen Form durchbrochen. Schwarze, matte Kanten konkurrieren mit den spiegelnden Mustern. Es ist nicht nur der Widerspruch von Malerei und Minimal, bei Detzner treffen spiegelnde Flächen auf matte Formen, trifft maßgenaues Handwerk auf Willkür. Noch bis zum 4. Juni sind Detzners Werke in der Galerie Sassa Trülzsch (Blumenthalstraße 8) ausgestellt. Bereits zum zweiten Mal bespielt der Berliner Künstler damit die Räume und auch den Garten der Galerie.

Nur eine Straße weiter ist Alexandre da Cunha ebenfalls zum zweiten Mal zu sehen. In der Galerie Sommer & Kohl (Kurfürstenstraße 13, bis 23. Juli) zeigt er die Ausstellung „Monolith“. Alle Arbeiten hat er extra für die Räumlichkeiten in der ehemaligen Bettenfabrik angefertigt. Vielleicht ist es Zufall, aber da Cunhas Werke, die sich immer auch mit dem Aspekt des Häuslichen befassen, treten mit der Vergangenheit des Galeriegebäudes in Zwiesprache. So besteht die Arbeit „Kentucky (Divider)“ (20 000 €), ein Raumtrenner, der auch als solcher fungieren soll, aus zahlreichen Wischmopps. Und die Arbeit „Hausrein“ (4500 €) aus einem Putzlappen, der auf einer Leinwand befestigt wurde.

Raumgreifend und unübersehbar ist die Arbeit „Landmark“ (20 000 €). Zwei große blaue Sonnenschirme hat der Künstler dafür an einer Fahnenstange befestigt. Mit stolzen sieben Metern ragt das Werk einmal quer durch den Galerieraum. Und obwohl „Landmark“ wie ein Readymade anmutet, will Cunha hier vor allem auf Heimat und Zugehörigkeit verweisen: eine Fahnenstange als Hinweis auf Länderflaggen, der Stoff der Schirme als Hinweis auf die Leinwand, die einen Künstler im ursprünglichen Sinne ausmacht. So entwickelt sich bei dem Brasilianer ein spannender Dialog aus Gegensätzen. Ambivalenzen, wie man sie auch in Dieter Detzners Arbeiten findet.

Lena De Boers

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