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Kunst & Markt: Leise weise

Die Galeristin Eva Poll, wichtigste Vertreterin des malerischen Realismus in Berlin, wird 75.

Sie wird arbeiten, so lange sie Lust dazu hat. Dabei blickt Eva Poll längst auf eine spannende, erfolgreiche Geschichte als Galeristin zurück. Am Montag, den 12. August, feiert sie ihren 75. Geburtstag. Und es gibt noch einen biografischen Anlass zum Jubeln: Vor 45 Jahren eröffnete sie gemeinsam mit ihrem Mann Lothar die Galerie. Beide stellten sich damals nicht auf die „sichere Seite der Avantgarde“. Sondern zogen aus persönlicher Vorliebe den Realismus vor.

Auch wenn seine Protagonisten im Berlin der 70er Jahre eine zentrale Rolle spielten: Mit Künstlern, die den Vietnamkrieg, soziale Repression und persönlichen Egoismus geißeln, ist schwer ein gutes Geschäft zu machen. Eva Poll erinnert sich noch gut an Besucher, die meinten, sie würden die Motive ihrer Ausstellungen nicht einen Tag aushalten. Die Galeristin aber saß mittendrin und fühlte sich den Künstlern nahe. Es hatte auch gepasst, dass 1968 die legendäre Berliner Produzentengalerie Großgörschen 35 vor der Auflösung stand. Die jungen Maler Hans-Jürgen Diehl, Wolfgang Petrick oder Peter Sorge suchten neue Ausstellungsmöglichkeiten und fanden in Eva Poll einen engagierten Partner. Alle drei sind bis heute im Programm der Galerie präsent und dokumentieren, wie beharrlich und kontinuierlich ein Lebenswerk aussehen kann.

Herausragende künstlerische Positionen etwa von Gundula Schulze Eldowy, Maxim Kantor oder Susanne Knaack sind ebenso hinzugekommen wie junge, vielversprechende Talente. Geradezu unbeständig wirkt dagegen die Galerie selbst, wenn es um den Standort geht. Sie zog von der Niebuhrstraße über den Ku’damm an den Lützowplatz und von dort 2009 noch einmal nach Mitte unmittelbar an die Museumsinsel.

Aktuell hängen hier Gemälde von Simon Rosenthal und Eric Keller. Beide gehören zur Akademieklasse von Ralf Kerbach, der ebenfalls in der Galerie Poll vertreten ist und Malerei ins Dresden lehrt. Auch seine Studenten arbeiten figurativ, vertreten aber ein ganz andere Generation. Keller, Jahrgang 1985, entzieht seinen Alltagsszenen alle Farbe, so dass sie eine müde und doch zärtliche Melancholie verströmen. Rosenthal bevorzugt leuchtende Farben und wendet die Sujets ins Fantastische. Sein Narrenschiff auf einem Bild wirkt wie lackiert.

Beide aber stellen unter Beweis, wie sehr Eva Poll auf die unmittelbare Gegenwart reagiert. Sie findet die Maler spannend und möchte ihre Entwicklung verfolgen. Unterstützt wird sie dabei seit einem Jahr von ihrer Tochter Nana Poll, die für verschiedene Kulturinstitutionen tätig war. Eine gute Ergänzung für eine Galeristin, die die Lust an ihrer Profession nicht verlässt. Christiane Meixner

Galerie Poll, Anna-Louisa-Karsch-Str. 9. Die aktuelle Ausstellung ist bis Ende August nach Anmeldung zu sehen.

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