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Kurz & Kritisch: Klassik und Kunst

Zart: Das Emerson String Quartett in der Philharmonie. Schlicht: Das Bauhaus-Archiv zeigt Alltagsgegenstände aus Japan.

KLASSIK

Zart: Das Emerson String Quartett in der Philharmonie

Liebesromane in Streichquartettform erzählt das Emerson String Quartett. Im Kammermusiksaal der Philharmonie setzen die „vier vernünftigen Leute“, deren Diskurs Goethe als Inbegriff dieser höchsten aller Gattung sah, ganz auf Emotionalität und Klangsinnlichkeit. Anton Dvoráks „Cypriše“, Bearbeitungen eigener früher Liedversuche, beklagen eine vergebliche Liebe im friedvoll-melancholischen Volkston, quasi als rosagoldenes Poesiealbumblättchen. Die Emersons nehmen sich der kleinen Preziosen im subtil aufeinander hörenden Einverständnis an – aus dem die Viola Lawrence Duttons jedoch häufig sonor hervorleuchtet.

Explosionen der Leidenschaft sind dagegen die Streichquartette Leoš Janáreks. Das erste wurde von Tolstois Novelle „Kreutzersonate“ inspiriert, einer wilden Eifersuchtsgeschichte; Nr. 2, das Spätwerk „Intime Briefe”, hat die Liebe des 70-jährigen Komponisten zur 40 Jahre jüngeren Kamila Stöslowa zum Gegenstand. Der Wechsel am ersten Pult gibt den beiden Werken die Charakteristik. Eugene Drucker ist für die zart seufzenden Töne zuständig, lässt die Katastrophe unter unruhigen Rhythmen sich anstauen. Philip Setzer als Primarius kann dann mit intensiver, vitaler Tongebung dramatisches Feuer entfachen.

Die wechselseitige Verzahnung knapp pointierter Motive, an der auch Cellist David Finckel seinen aus sanfter Grundierung beredsam hervorbrechenden Anteil hat, das Hineinstürzen in geräuschhafte, mit dem Bogenholz gespielte Passagen, die Balance weitgespannter Melodik mit strukturierenden Bewegungsimpulsen – das alles macht eine große, umjubelte Interpretation aus.Isabel Herzfeld

KUNST

Schlicht: Das Bauhaus-Archiv zeigt Alltagsgegenstände aus Japan

„Warum so wenig Plastik?“, fragt ein Besucher. Die Japaner seien doch bekennende Kunststoff-Fans. Tatsächlich finden sich unter den Ausstellungsstücken im Bauhaus-Archiv neben einem Schmuckset aus Schaumgummi ausschließlich natürliche Materialien. Kuratorin Miki Shimokawa meint, eine Trendwende im Denken ihrer Landsleute zu erkennen. „Plastik hat viele Nachteile. Es altert zum Beispiel nicht schön.“ In Japan weiß man Verschleißerscheinungen zu schätzen. Erst eine Patina gibt einem Gegenstand eine Seele.

Aus Keramik, Papier, Gusseisen und Bambus sind die über hundert Alltagsobjekte gefertigt, die das Bauhaus-Archiv unter dem Titel „Katachi – Die leise Form aus Japan“ ausstellt (Klingelhöferstr. 14, bis 2. Mai, Mi –Mo 10 –17 Uhr). Essstäbchen und Teedosen, Latschen und Leuchten. Vieles wirkt auf den ersten Blick wie ausgeliehen aus der Fernost-Themenecke der Einrichtungsabteilung des KaDeWe. Einige Hölzer, die hier verwendet wurden, sind in Europa allerdings nicht einmal bekannt. Die Sammlung will zeigen, dass japanischem Produktdesign noch heute eine uralte Gestaltungsphilosophie zugrunde liegt: Es verbindet Ästhetik und Funktionalität, Tradition und Moderne. Minimalisten finden hier Inspiration. Die ausgewählten Utensilien bestechen durch Schlichtheit in Form und Dekor.

Geradezu opulent präsentiert sich da die Buchhülle, die ein feines, geometrisches Muster schmückt. Auch sie wurzelt tief in der japanischen Kultur. Der Druck von Lack auf Leder basiert auf einer uralten Technik, mittels derer man einst die Schafte der Samurai-Schwerte verzierte. Kommt alles wieder, hier wie dort. Maris Hubschmid

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