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Kultur: La vie en prose

Eric-Emmanuel Schmitt macht jetzt auch Kino

Ihr Leben ist trist. Die langweilige Arbeit in der Kosmetikabteilung, die frustrierten Kolleginnen, die qualmenden Schornsteine der belgischen Industriestadt, die ewig schmollende Tochter und ihr verfressener Freund auf dem Sofa – doch das alles kann Odette (Catherine Frot) nichts anhaben. Denn sie hat eine andere Welt, in die sie sich hineinträumt. Diese Welt hat der Schriftsteller Balthasar Bazan (Albert Dupontel) für Frauen wie sie erschaffen. Aber trotz seines Erfolges stürzt der Autor in eine Midlife-Crisis, als sein neuester Roman im Fernsehen von einem Literaturkritiker zerfetzt wird. Wie ein begossener Pudel steht Balthasar vor Odettes Wohnungstür und bittet um Asyl. Die Kosmetikverkäufern hatte dem Lieblingsautoren brieflich ihr Herz zu Füßen gelegt und macht sich nun daran, den Schriftsteller wieder aufzubauen.

Mit „Odette Toulemonde“ legt der französische Bestsellerautor Eric-Emmanuel Schmitt („Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“) sein Regiedebüt vor. Vom Bestsellerautor zum Filmemacher ist es mitunter ein weiter Weg, und Schmitt hat ihn noch in ganzer Länge vor sich. Die Story strapaziert das ewige Motiv der seelenreinen, selbstlosen Muse über die Schmerzgrenze hinaus. Auch wenn Schmitt die Beziehung betont züchtig in Szene setzt, schimmert doch gelegentlich der feuchte Traum eines Populärautors durch. Schwerer wiegt jedoch die Kaugummi-Dramaturgie, die das Paar ohne jegliches Gespür für narrative Ökonomie zum vorhersehbaren Happy-End schleppt. Das ewig wiederkehrende Kaufhausmusikmotiv schlägt schließlich auch wohlwollende Romantiker in die Flucht. Unübersehbar versucht sich „Odette Toulemonde“ an den märchenhaften Stil von „Die fabelhafte Welt der Amélie“ anzulehnen, ohne die erzählerische Originalität und den visuellen Ideenreichtum des Vorbildes nur annähernd zu erreichen. Martin Schwickert

In neun Berliner Kinos, OmU im Cinema Paris

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