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Kultur: Länderfinanzausgleich: Der Preis, den alle zahlen müssen

Die deutsche Finanzverfassung wird auf eine harte Probe gestellt. Seit Monaten wird der Kampf um die Reform des Länderfinanzausgleichs mit Haken und Ösen geführt.

Die deutsche Finanzverfassung wird auf eine harte Probe gestellt. Seit Monaten wird der Kampf um die Reform des Länderfinanzausgleichs mit Haken und Ösen geführt. Eine Reform, die den Namen verdient, steht noch aus. Der offenkundig gewordene Sanierungsfall Berlin ist Wasser auf die Mühlen der Geber, zumindest der aus dem Süden. Es zeigt sich: Die Bundesländer sind in einer Haftungsgemeinschaft gefangen. Solange die Nehmer die Mehrheit haben, scheint es unmöglich, dieser Falle zu entkommen. Den Gebern scheint nichts anderes übrig zu bleiben, als auch in Zukunft für die Fehler anderer einzustehen. Die Weigerung der Nehmer, den Länderfinanzausgleich von Grund auf zu reformieren, sichert ihnen auch in Zukunft die Mehrheit. Der Preis, den alle zahlen müssen, Geber und Nehmer, ist allerdings hoch. Er zeigt sich in massiven Verlusten beim wirtschaftlichen Wachstum. Davon besonders hart getroffen werden die ärmeren Bundesländer. Der gegenwärtige Finanzausgleich hält sie wie in einer Armutsfalle gefangen.

Die Falschen werden belohnt

Der eigentliche Webfehler des gegenwärtigen Länderfinanzausgleichs ist seit langem bekannt: Es sind die falschen Anreizstrukturen. Die Bundesländer, die wirtschaftspolitisch nichts oder gar das Falsche tun, werden finanziell belohnt, die wirtschaftspolitisch erfolgreichen dagegen bestraft. Das muss sich ändern. Der Teufelskreis von mehr Umverteilung, weniger wirtschaftlichem Wachstum, einer divergierenden wirtschaftlichen Entwicklung und noch mehr inter-regionaler Umverteilung ist dennoch nicht zwangsläufig.

Der Widerstand der finanziell Belasteten gegen eine überzogene Umverteilung zwischen Regionen, die alle schlechter stellt, kann auf zwei Wegen erfolgen: Abwanderung und Widerspruch. Die Lega Nord des Umberto Bossi war lange Zeit die Speerspitze des politischen Widerspruchs des reicheren Nordens gegen die umfangreichen und alles andere als effizienten Transfers in den ärmeren Mezzogiorno. Dieser Fall zeigt allerdings, dass Widerspruch nur erfolgreich ist, wenn man glaubwürdig drohen kann.

Regionen drohen mit Spaltung

Abwanderung ist nicht utopisch, schon gar nicht in einer Zeit der fortschreitenden wirtschaftlichen Integration, europa- und weltweit. Die Güter-, Kapital- und auch die Arbeitsmärkte werden immer offener. Damit sind die wirtschaftlichen Akteure weniger auf die heimischen, nationalen Märkte angewiesen. Die weltweiten Märkte können immer öfter auch aus Hintertupfingen beliefert werden. Damit geht aber das Bedürfnis von Regionen und Bundesländern zurück, sich unter den Schutz von Nationen zu stellen. Es ist deshalb wohl alles andere als ein Zufall, dass die Zahl der Länder, die seit der weltweiten Öffnung der Märkte selbstständig wurden, erheblich zugenommen hat.

Der politische Widerspruch in Regionen, die sich finanziell zu stark beansprucht fühlen, wird mit der Öffnung der ökonomischen Märkte kräftiger. Wenn schon Argumente der Effizienz bei der Reform-Diskussion kein Gehör mehr finden, dies sollte die Mehrheit der Nehmerländer veranlassen, die Kirche im Dorf zu lassen. Es geht nicht darum, den Länderfinanzausgleich abzuschaffen. Er sollte aber so reformiert werden, dass knappe finanzielle Mittel dorthin fließen, wo sie den höchsten Ertrag bringen. Das würde nicht nur den ärmeren Regionen gut tun, es würde alle Beteiligten, Geber und Nehmer, besser stellen.

Norbert Berthold

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