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Kultur: Länge und Klänge

Uraufführungen von Müller-Wieland und Schneid im SFB-SendesaalVON GREGOR SCHMITZ-STEVENSEs ist ein Charakteristikum vieler Komponisten der jüngeren Generation, daß sie mit ihren Werken dem traditionellen Konzertbetrieb entgegenkommen.Sie wollen sich den Weg in eine breitere Öffentlichkeit nicht durch ungewöhnliche Besetzungen versperren, sondern suchen ihn in wohlklingenden Instrumentationen.

Uraufführungen von Müller-Wieland und Schneid im SFB-SendesaalVON GREGOR SCHMITZ-STEVENSEs ist ein Charakteristikum vieler Komponisten der jüngeren Generation, daß sie mit ihren Werken dem traditionellen Konzertbetrieb entgegenkommen.Sie wollen sich den Weg in eine breitere Öffentlichkeit nicht durch ungewöhnliche Besetzungen versperren, sondern suchen ihn in wohlklingenden Instrumentationen.Stellvertretend für diesen Trend erklangen im 168.SFB-Konzert "Musik der Gegenwart" Werke von Jan Müller-Wieland, Jahrgang 1966, und Tobias Schneid, Jahrgang 1963. Müller-Wieland hat auf die Form eines dreisätzigen Cello-Konzertes zurückgegriffen: frei und rhapsodisch der erste Satz, eine schreitende "Pavane" der zweite, eine munter hüpfende "Galliard" das Finale.Es finden sich in der Komposition schöne Momente, die der Widmungsträger Jens-Peter Maintz (Solo-Cellist des Deutschen Symphonie-Orchesters) und seine Kollegen unter Leitung von Bradley Lubman wunderbar hervorkehrten: die elegischen Solopassagen des Cellos, sein irisierender Gesang in der Höhe kontrastiert mit dem schrillen Pfiff der Trillerpfeife und einem fast "amerikanischen", gelegentlich musical-nahen Blech- und Schlagzeug-Sound.Doch insgesamt wirkt das Werk formal unausgewogen, in der harmonischen Anlage kitschig, rhythmisch regelrecht primitiv.Mit einem theatralischen, dramturgisch kaum zu rechtfertigenden Hammerschlag endete nach rund vierzig Minuten die Uraufführung - und man fragte sich verwundert, warum das Werk eigentlich so lange dauern mußte und wofür ein so großer instrumentaler Aufwand nötig war. Tobias Schneid geht wesentlich raffinierter mit den Klangmöglichkeiten des großen Orchesters um, ja, Klangfarbe ist sogar der Gegenstand seines neuen Orchesterstückes " ...a wild celebration of colour and rhythm ...".Ob Musik von Miles Davis, Jimmy Hendrix, Luciano Berio, Pierre Boulez oder Helmut Lachenmann - alles ist für Schneid Farbe, und all diese Farbtöne fließen in seine vielfältig schillernde Partitur als Anspielungen ein.In ruhigem Grundmetrum entfaltet sich so ein polystilistisches Farbspektrum, das entfernt an die späten Werke Bernd Alois Zimmermanns erinnert, in denen ja auch aus der Montage von traditionsgeladenem Material etwas Neues, Eigenes entsteht.Das DSO und Bradley Lubman gaben sich große Mühe, Schneids komplexe Rhythmik und seine präzisen Akzentuierungsangaben adäquat umzusetzen, doch ein paar Proben mehr hätten dem Stück sicherlich zu noch wesentlich stärkerer Wirkung verholfen.

GREGOR SCHMITZ-STEVENS

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