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Kultur: Landtagswahl in Baden-Württemberg: Nicht immer Spitze, aber immer öfter

Stuttgarts Regierungschef Erwin Teufel hat besondere Freude daran, in langen Ländervergleichen die Spitzenstellung Baden-Württembergs herauszustreichen. Dazu hat er viel Anlass.

Stuttgarts Regierungschef Erwin Teufel hat besondere Freude daran, in langen Ländervergleichen die Spitzenstellung Baden-Württembergs herauszustreichen. Dazu hat er viel Anlass. Seine CDU/FDP-Koalition versäumte freilich auch manches. Stärken und Schwächen im Überblick.

Stärken

Wirtschaft: Die Arbeitslosenquote liegt in Baden-Württemberg derzeit bei 5,2 Prozent - in keinem Bundesland ist sie niedriger. Es gibt mehr Lehrstellen als Bewerber. In der Region Stuttgart herrscht laut Industrie- und Handelskammer Fachkräftemangel. Wem das Verdienst an dieser Entwicklung zukommt, darüber lieferten sich Erwin Teufel und Kanzler Gerhard Schröder in ihren Wahlkampfreden Fernduelle. Denn natürlich ist der Arbeitsmarkt im Südwesten nicht abgekoppelt von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Allerdings: Im Gegensatz zum Bundestrend erwarten die Südwest-Unternehmen für dieses Jahr keine Abschwächung bei den Investitionen.

Innere Sicherheit und Justiz: Innenminister Thomas Schäuble (CDU) gibt den Hardliner. Gleich zu Beginn der Legislatur beschloss die Regierung ein Gesetz für ereignis- und verdachtsunabhängige Polizeikontrollen. Im Polizeigesetz wurde die Videoüberwachung öffentlicher Plätze verankert. Die Polizei bekam viel Geld für neue Technik. In der Ausländerpolitik verfolgt Schäuble einen rigiden Abschiebekurs. Den Widerstand gegen die Green Card gab die CDU erst auf Druck von FDP und Wirtschaft auf. Justizminister Ulrich Goll (FDP) versteht Freiheit vor allem als Freiheit vor Verbrechen. Mit Schäuble hat er im Polizeirecht eine Bestimmung verankert, nach der präventiv Sicherungsverwahrung nach Ablauf einer Haftstrafe angeordnet werden kann, auch wenn dies im Urteil nicht vorgesehen war.

Hochschulen: Wissenschaftsminister Klaus von Trotha (CDU) hat den Hochschulen mehr Autonomie gegeben: Globalhaushalte, neue Leitungsstrukturen, mehr Eigenständigkeit, zusätzliche Studienplätze im IT-Bereich - und mehr Geld. Große Summen stammen aus dem Verkauf von Landesbeteiligungen an Unternehmen.

Schwächen

Kinderbetreuung: Den größten Beifall fand die Opposition im Wahlkampf mit der Forderung nach besserer Betreuung von Kindern unter drei Jahren, nach mehr Ganztagesplätzen an Kindergärten und mehr Ganztagesschulen. Von denen gibt es in Baden-Württemberg nur 70. Nur rund drei Prozent der Kindergärtenplätze sind Ganztagesplätze mit Mittagessen - selbst in Bayern liegt diese Quote bei 22,3 Prozent. Baden-Württemberg zahlt immerhin als eines von nur vier Ländern ein Landeserziehungsgeld, allerdings nicht an Ausländer, die nicht aus der EU stammen. Ein türkisches Ehepaar hat kürzlich erfolgreich dagegen geklagt.

Schule: Auch in Baden-Württemberg fällt Unterricht aus, am meisten an den Berufsschulen. Kultusministerin Annette Schavan hat das lange geleugnet, im Vorfeld der Landtagswahl jedoch hektisch Haushaltsmittel locker gemacht für weitere Lehrerstellen. Immerhin hat das Land trotz Sparkurs in der Ära Teufel, also von 1991 bis 2001, nicht nur alle frei werdenden Stellen wieder besetzt, sondern auch insgesamt 5100 zusätzliche Lehrer eingestellt.

Alternative Energie: Zwei Drittel des baden-württembergischen Stroms ist Atomstrom. Obwohl das Land - etwa in Freiburg - in der Forschung der Solarenergie bedeutende Institute vorweisen kann, hat es die Regierung versäumt, die Markteinführung von Solarzellen voranzutreiben. Die finanzielle Förderung ist verglichen mit Bayern oder Nordrhein-Westfalen marginal. Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP) erkennt im Gegensatz zu Regierungschef Teufel dieses Defizit.

Reiner Ruf

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