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Kultur: Landtagswahlen: Augen zu und durch

Der CDU-Mann ist sehr aufgeregt und winkt heftig mit den Armen. "Kommen Sie, kommen Sie, alle unterschreiben.

Der CDU-Mann ist sehr aufgeregt und winkt heftig mit den Armen. "Kommen Sie, kommen Sie, alle unterschreiben." Der Spitzenkandidat der rheinland-pfälzischen CDU, Christoph Böhr, steht ein paar Meter weiter und hat seinen Stift gezückt. Für die Christdemokraten, so hat es die "Süddeutsche Zeitung" geschrieben, heißt die Devise "letzte Hoffnung Trittin". Und tatsächlich scheint es so in den letzten Stunden vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz, dass die Partei, die doch so hoffnungslos hinter der regierenden SPD von Kurt Beck zurückliegt, endlich ein Wahlkampfthema gefunden hat. Andere sehen das auch so, nur sagen sie es anders, wie der Meinungsforscher Manfred Güllner. Der Chef des Instituts Forsa hält die Aktion für eine "Verzweiflungstat".

Grafik: Landtagswahlen seit 1979

Doch das hat Christoph Böhr noch nicht gelesen, als er am späten Freitagabend Bundeskanzler Gerhard Schröder auffordert, er müsse sich vom "größten Rüpel der Republik" trennen. Die CDU hat zwei Losungen, die sie in letzter Minute versucht, dem Wähler mitzuteilen. "Trittin muss weg", ist die eine, die auf 10 000 Plakaten geklebt wurde. Die andere lautet: Wahlprognosen kann man - siehe Hessen - vergessen. Hessen spielt auch für die anderen Parteien eine wichtige Rolle. Die niedrige Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl soll nun als abschreckendes Beispiel dienen und die Wähler dementsprechend motiviert werden, trotz Hochwassers und der Gewinnprognose für die SPD-FDP-Koaliton, ihre Stimme abzugeben.

Seit 1991 regiert in Mainz diese rot-gelbe Koalition. Beide Parteien wollen dieses Bündnis auch in der nächsten Legislaturperiode fortsetzen. Die Chancen dazu stehen gut. Umfragen sahen die SPD zwei Wochen vor der Wahl bei 43 Prozent und die FDP bei neun Prozent. CDU und Bündnisgrüne kommen danach auf 35 und sechs Prozent. 1996 landeten die beiden Regierungsparteien SPD und FDP bei 39,8 und 8,9 Prozent, die CDU bei 38,8 und die Grünen bei 6,9 Prozent.

Unter Ministerpräsident Kurt Beck (52), der 1994 in der Staatskanzlei in die Fußstapfen von Rudolf Scharping getreten war, hatte die SPD 1996 fünf Prozent weniger erzielt. Während Scharping 1991 zwischen FDP und Grünen wählen konnte, hätten die Liberalen fünf Jahre später zu Becks Leidwesen theoretisch auch mit der CDU regieren können. Entsprechend stark traten sie in den Koalitionsverhandlungen auf. Das soll diesmal aus der Sicht des SPD-Regierungschefs anders werden. Er hat in den fünf Jahren an Zuspruch hinzugewonnen und peilt für seine Partei 44 Prozent an. Lange Zeit sah es in einem eher langweiligen Wahlkampf so aus, dass er dies locker erreichen würde - doch nun, mit der neuen Kampagne der CDU?

Ungeachtet dessen baut die SPD fest auf die Popularität von Beck, für den laut Umfragen bei einer Direktwahl 70 Prozent aller Rheinland-Pfälzer stimmen würden. "Wer Beck will, muss SPD wählen", verkündet die letzte Serie der Wahlplakate. Just da knüpft die Botschaft des kleinen Koalitionspartners an: Wer Beck so wolle, wie er ist, müsse FDP als Garanten der Mitte wählen, sagt der Spitzenkandidat, Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage (58). Mit den Grünen werde Beck nach links abdriften - direkt ins Abenteuer hinein. Bauckhage tritt auf den Plakaten zusammen mit dem Zugpferd Brüderle im Doppelpack auf. "Mehr als Möllemann" strebt der Landesparteichef an. Er hat die Messlatte damit auf 9,8 Prozent gelegt.

Die Grünen treten erstmals mit einer einzigen Spitzenkandidatin an, der Landtagsfraktionschefin Ise Thomas (41). Mindestens 6,9 Prozent wie beim letzten Mal heißt ihr Wahlziel. Vor allem ein Thema steht im Vordergrund: der Verbraucherschutz. Und die Hoffnung auf einen positiven Künast-Effekt.

Heidi Parade

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