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Kultur: Lang, lang ist’s her

Intendantendebatte am Deutschen Theater Berlin

Die zwei Gesichter der Revolution: So präzise und radikal, so spielerisch nach der Art des Kleistschen „Marionettentheaters“ und geschichtsfatalistisch im Büchnerschen Sinne hat man „Danton’s Tod“ wohl nie wieder gesehen. Der Schauspieler Christian Grashof – ein genialer Coup! – verkörperte Danton und Robespierre in Personalunion. Bald ein Vierteljahrhundert liegt diese große Theatertat zurück, Premiere war 1981 am Deutschen Theater Berlin (DT). Der Regisseur hieß Alexander Lang, und er ließ damals, ehe er Ende der Achtzigerjahre in den Westen ging, weitere schöne Inszenierungen folgen, vor allem die „Trilogie der Leidenschaft“ mit „Medea“, „Stella“ und „Totentanz“.

Nun sind Theaterferien. Doch der See ruht mitnichten still. Denn plötzlich taucht der Name Alexander Lang wieder auf. Man glaubt es kaum. Lang macht sich Hoffnungen, Bernd Wilms als Intendant des Deutschen Theaters zu beerben. Ein Treppenwitz. Eine dreifache Rolle rückwärts in die Vergangenheit?

Kultursenator Thomas Flierl (PDS) und DT-Intendant Bernd Wilms wollen sich im August treffen. Wilms’ Intendantenvertrag läuft 2006 aus. Man muss jetzt, will man Wilms nicht verlängern, Gespräche führen. Die Chancen, dass Wilms weitermacht, sind als gering zu betrachten. Umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Kultursenator eine nostalgische Nachfolgelösung anstrebt.

Alexander Lang, geboren 1941 in Erfurt, war in der DDR auch ein bekannter Schauspieler, im Theater wie im Film „Solo Sunny“). Seine damaligen Leistungen als Regisseur sind unbestritten. Auch noch an seinen ersten Stationen im Westen gelangen ihm starke Arbeiten: „Phädra“ und „Penthesilea“ an den Münchner Kammerspielen (1987) und „Clavigo“ am Thalia Theater Hamburg (1989). Dann der Sturz: Alexander Lang gehörte zu der Viererbande, die 1990 das Schiller-Theater übernahm. Drei Jahre später machte der Senat die ruinierten Staatlichen Schauspielbühnen Berlin dicht. Für immer. Für Lang begann eine Odyssee. Der Erfolg hatte ihn verlassen, eine neue Ästhetik setzte sich durch. Unter dem Intendanten Thomas Langhoff inszenierte er auch wieder am Deutschen Theater – glücklos. Zuletzt hat er am Maxim Gorki Theater und in Potsdam gearbeitet.

Senator Flierl sei gewarnt: Eine Ost-Biografie macht noch keinen Intendanten. Im Gegenteil: Thomas Langhoff hat am Deutschen Theater die Ostalgie bis zum bitteren Ende ausgereizt. Sehr zum Leidwesen seines Nachfolgers Bernd Wilms. Davon abgesehen: Alexander Lang war seiner Persönlicheit nach nie ein Intendant. Das kann er auch nie sein. 2006 wird Lang 65 Jahre alt. Flierl muss weitersuchen. Das größte Staatstheater der Hauptstadt braucht eine ernsthafte Personaldebatte. Keinen zweiten Schiller-Fall.

Rüdiger Schaper

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