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Kultur: Lange Schatten

Christian von Steffelins Palast-Fotos bei „berg19“

Wenn im Frühjahr die Betonwanne mit Erde verfüllt ist und der Rasen sprießt, dürfte nicht mehr viel übriggeblieben sein vom abgerissenen Palast der Republik – außer den in Internet und Trödelläden kursierenden Souvenirs und künstlerischen Arbeiten. Zu ihnen gehören die Palast-Fotografien von Christian von Steffelin. Seit 1994 fotografiert er Berlin mit der Großformatkamera. Thema: die radikalen räumlich-architektonischen Veränderungen der Stadt. Der Palast der Republik bildet einen Schwerpunkt seiner Arbeit, die mehr sein will als Dokumentation. Tausende Palast-Fotos fügen sich zur Langzeitstudie eines Verschwindens. Der Fotograf ergründet das Wesen eines Ortes, ohne sentimental zu werden.

Die Fotogalerie „berg19“ zeigt zwölf exemplarische Aufnahmen: elf entstanden 1996 (je 600 Euro) vor der Asbest sanierung, eine im bis aufs Stahlgerippe ausgeweideten Palast 2006 (800 Euro). Von Steffelin legt seine Aufnahmen nicht nostalgisch an. Er fotografiert oft an denselben Orten: nicht dogmatisch vom immer gleichen Standpunkt, doch das serielle Moment ist unübersehbar, auch in den Kompositionen. Meist bevorzugt von Steffelin zentralperspektivische Guckkastenansichten. Auch sein Sinn für erzählerische Elemente findet Stoff und Raum: die stählerne Verankerung der abgebauten Bar im schmutzigroten Teppich. Oder die Nahaufnahme einer Wandvertäfelung, auf dem der nachgedunkelte Umriss des DDR-Emblems mit Hammer und Zirkel zu erahnen ist. All das kommt nüchtern daher. Und enthält doch die langen Schatten einer Gegenwart, die schon Vergangenheit geworden ist. Michael Zajonz

berg19 raum für fotografie, Bergstraße 19 in Mitte, bis 13. 12. Mi-Sa 14-18 Uhr.

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