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Kultur: Langes Lied vom langen Abschied

Kino der Extreme: „Graveyard of Honor“ von Takashi Miike

Der hochgeschlagene Mantelkragen. Die Sonnenbrille. Das Gesicht, das zur bleichen Maske erstarrt ist. Rikuo Ishimatsu (Goro Kishitani) trägt die Insignien der Coolness: ein scheißkalter Engel. Vom Tellerwäscher steigt er zum Günstling eines Yakuza-Bosses auf. Doch dann legt er den Boss beinahe um.

„Graveyard of Honor“ ist ein langes Lied vom langen Abstieg. Der Mann, der sich zunächst wie ein Roboter nach oben schießt, verwandelt sich allmählich zum waidwunden Tier. Wie ein Schimpanse hangelt er sich am Balkongeländer entlang und feuert in die Polizistenmeute. Wie eine Krähe kauert er auf dem Turm des Gefängnisses, eine Decke um den Rücken geschlungen. Einmal robbt er sich im Hardrockrausch, vollgepumpt mit Heroin, wie eine riesenhafte Schlange über den Boden, zieht dabei aus jeder Schublade einen Revolver und schießt. Das ist exaltiertes, extremes Kino. Selten subtil, fast immer brachial. Doch leise, sehr traurig weht dazu der Jazz der Yakuza, Melodie des Verfalls.

Der japanische Regisseur Takashi Miike, in Deutschland bekannt durch „Dead or Alive“ (1999) und „Audition“ (1999), hat für „Graveyard of Honor“ den gleichnamigen Yakuza-Klassiker von Kinji Fukasaku verfilmt. Miike versetzt das Szenario in die Gegenwart, vor den Hintergrund der japanischen Wirtschaftskrise. Sein sterbenseinsamer Gangster ist getrieben vom Überlebensinstinkt. Er stirbt nicht, reißt aber als animalischer Untoter alles mit in den Abgrund. Nur die scheue Frau (Narimi Arimori), die er am Anfang brutal entjungferte , wächst ihm ans Herz. Sogar die Yakuza seien vom Weibe geboren und daher menschlich, erklärt der OffErzähler. Für alle, die es nicht glauben können. (OmU im Eiszeit)

Julian Hanich

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