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Kultur: Lateinunterricht mit Tonband

OPER

Sonst Vertreter mediterraner Schönklangmelodik hat sich Bruno Maderna in seinen Bühnenwerken und insbesondere im 1973 vollendeten »Satyricon« der Collagen-Ästhetik bedient. Texte des antiken römischen Autors Petronius Arbiter treffen hier auf Zitate populärer Klassik, gemischt mit Tonbandklängen und zeitgenössischen Einlagen. Dass Maderna dem Regisseur auch die Auswahl der Szenen überlässt, zeigt den seinerzeit so populären Geist des offenen Kunstwerks. Ob das „Satyricon“ wirklich geeignet ist, uns den Spiegel der Dekadenz vorzuhalten, darf bezweifelt werden. Zu wenig kristallisieren sich aus der Buntheit der Erscheinungen klare Motive heraus. Im Gedächtnis haften bleiben weniger die Absurditäten, als die Figur einer Witwe, die sich mit Hilfe einer bizarren Liebe aus der Umklammerung ihrer Trauer lösen kann . . . Groß ist die Versuchung für den Regisseur, die Schwächen des Stoffes durch heftige Betonung sämtlicher Unappetitlichkeiten zu überspielen. Nicht so Alexander Paeffgen, der mit den Kräften der Neuen Opernbühne Berlin eine farbige, aber auch distanzierte Inszenierung besorgte. Animiert von der glücklichen musikalischen Umsetzung von Sebastian Gottschick konnte man sich ganz dem Assoziationsreichtum der Collage hingeben.

Noch einmal heute, Staatsbank, 20 Uhr.

Ulrich Pollmann

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