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Kultur: Lebefrauen, Freiheitshelden

„Head in the Clouds“ und der amerikanische Blick auf das ganz alte Europa

Glaubt man dem Kino – und wer tut das schon? –, dann wurde nie leidenschaftlicher geliebt als während des Zweiten Weltkrieges. Dem millionenfachen Morden setzte Hollywood stets tapfer den Mythos der unsterblichen Liebe entgegen. Aber nicht jede Kriegsschnulze hat das Zeug zu „Casablanca“ oder auch nur zum „Englischen Patienten“.

Tiefflieger wie „Pearl Harbor“ sind da schon eher die Regel. Irgendwo dazwischen liegt John Duigans „Head in the Clouds“, der eine multikulturelle ménage à trois im Paris der Dreißigerjahre installiert und durch die Mühlen der Weltgeschichte dreht. Im Zentrum steht die Frankoamerikanerin Gilda (Charlize Theron), die sich mit dem schüchternen Briten Guy (Therons Off-Screen-Partner Stuart Townsend) und der spanischen Bartänzerin Mia (Penélope Cruz) dem lebenshungrigen Zeitgeist der Pariser Bohème verschreibt. Aber auch in das ausschweifende Carpe-Diem-Lebensgefühl des Trios rieselt mit Macht die Zeitgeschichte ein. Mia und Guy zieht es in den spanischen Bürgerkrieg, während Gilda, die das Engagement ihrer Freunde als persönlichen Verrat empfindet, als verdrossene Lebefrau in Paris zurückbleibt.

Eigentlich ein spannendes Beziehungs- und Moralgeflecht, das der Regisseur und Drehbuchautor da entwirft. Das Ideal und die Grenzen der freien Liebe, die erotischen Machtverhältnisse in einer Dreiecksbeziehung, der Konflikt zwischen persönlicher Loyalität und politischem Verantwortungsgefühl – aus alledem hätte man einen Film machen können, der einen differenzierten moralischen Diskurs vor dem Hintergrund des Krieges führt. Aber Duigan schmilzt die große Geschichte auf Puppenstubenformat zusammen und reproduziert jene Zeitkoloritklischees, mit denen Hollywood seit Jahrzehnten Europa und seine zerstörerische Geschichte verkitscht.

Charlize Theron gibt sich als Femme fatale redlich Mühe, spielt aber gegen ein Drehbuch an, das Emotionen allenfalls behauptet. Großes Gefühlskino funktioniert selten als filmgeschichtliche Imitationsarbeit. Charlize Theron ist weder Marlene Dietrich noch Ingrid Bergman, Steward Townsend kein Bogart und aus „Head in the Clouds“ wird nie und nimmer „Casablanca“.

Cinestar SonyCenter (OV), Kosmos und Ufa-Palast Treptower Park

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