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© dpa

Leicht sein: Zum 70. Geburtstag des Bildhauers Richard Serra

Er hat alles erreicht. 2005 füllte er die Ausstellungshalle des Guggenheim Bilbao mit einer 15 Millionen Dollar teuren Dauerinstallation seiner gewaltigen Stahlskulpturen.

Vor gut zwei Jahren beging das New Yorker Museum of Modern Art das Jubiläum von 40 Jahren Arbeit als Bildhauer mit einer monumentalen Ausstellung. Und im vergangenen Jahr bespielte er die große Halle des Pariser Grand Palais mit fünf je 17 Meter hohen, leicht geneigten Stahlgiganten. Eine Installation in den Tuileriengärten errichtete er als Dreingabe.

Richard Serra zählt zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart. Seine Walzstahlskulpturen sind auch einer breiteren Öffentlichkeit geläufig. So oft sie im Freien aufgestellt wurden, so oft gab es Widerspruch, Einwände, bis hin zur Zerstörung wie 1989 auf behördliche Anordnung hin in New York. In Bochum, wo seit 1979 eine seiner frühesten Freiluftarbeiten steht – „Terminal“ vor dem Bahnhof, das Wahrzeichen der documenta von 1977 –, dauerte es Jahre, bis sich die Öffentlichkeit an den Stahlquader gewöhnen mochte.

Serra arbeitet, nach Anfängen mit Blei oder Gummi, seit beinahe vier Jahrzehnten mit Walzstahl. In San Francisco gebürtig, hat er selbst im Stahlwerk gearbeitet, um sich sein Studium – der englischen Literatur – zu verdienen. Der Vater arbeitete auf einer Werft. Aus der Kindheit behielt er seinen stärksten Eindruck, als er ein Schiff beim Stapellauf sah: „All das Rohmaterial, das ich benötigte, ist in dieser Erinnerung gespeichert.“

Seit er sich selbst an den Stahl wagte, wurden seine Skulpturen immer formenreicher, immer schwerer zu durchschauen, folgten immer komplizierteren Berechnungen. Sie biegen sich, sie rollen sich ein, sie schwanken einwärts und auswärts, um den Betrachter die Erfahrung von Raum zu vermitteln, von Enge, Höhe, von Orientierung und deren Gefährdung. „Meine Kunst sorgt bei manchen Menschen für Kontrollverlust“, hat er gesagt. Wer es nachprüfen will, muss sich nur einmal durch die gekurvte Enge der doppelschaligen Skulptur vor der Berliner Philharmonie hindurchzwängen.

Von dem friedlich-rostbraunen Material geht das Gefühl existenzieller Gefährdung aus, obwohl oder gerade weil die Skulpturen so unverrückbar fest dazustehen scheinen. Und doch sind die Skulpturen, mögen sie auch Dutzende von Tonnen wiegen, von tänzelnder Leichtigkeit.

Heute feiert der Preisträger des Goldenen Löwen von Venedig im Jahr 2000 seinen 70. Geburtstag. Von Aufhören ist nichts bekannt. Bernhard Schulz

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