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Kultur: Leise Töne, laute Platscher

Was ist los mit Rolando Villazón? Schon seinen Liederabend an der Staatsoper hatte der Startenor in angekränkelter Verfassung absolviert, und auch die beiden letzten „Manon“-Vorstellungen an der Staatsoper fanden ohne ihn statt.

Was ist los mit Rolando Villazón? Schon seinen Liederabend an der Staatsoper hatte der Startenor in angekränkelter Verfassung absolviert, und auch die beiden letzten „Manon“-Vorstellungen an der Staatsoper fanden ohne ihn statt. Wird der Mexikaner womöglich das nächste Opfer des internationalen Opernbusiness, der seine Stars immer schneller verheizt? Villazón darf man zutrauen, dass er rechtzeitig die Notbremse zieht – selbstkritische Töne in Interviews und die Absagen lassen darauf schließen, dass er sich der Gefahren für seine Stimme bewusst ist. Oder ist am Ende Anna Netrebko schuld? Mit der Sopranwunderfrau auf der Bühne zu stehen, ist gefährlich. Um sich gegen die urgesunden Riesentöne der Netrebko zu behaupten, strengen sich die meisten Tenöre mehr an, als ihnen guttut. Auch der Brasilianer Fernando Portari, der in beiden Vorstellungen für Villazón einsprang, musste sich nach der Decke strecken. Am ersten Abend zeigte Portari dennoch, dass er keineswegs zweite Wahl ist: Mit makellosem Ton sang er seine Traumerzählung „En fermant les yeux“ im zweiten Akt, charmierte mit leisen Tönen, während die Diva mit Lautstärke imponierte. Ob die Besucher des kostenlosen Public Viewing der letzten „Manon“-Vorstellung am Sonnabend auf dem Bebelplatz nun Portari oder Villazón hören werden oder ob Netrebko ein dritter Partner vorgesetzt wird, steht noch in den Sternen.

Vielleicht macht das Wetter den Klassikfans einen Strich durch die Rechung – den Umsonst-Opernguckern ebenso wie den Besuchern des RSB-Konzerts im Deutschen Historischen Museum direkt gegenüber. Denn wenn ein kräftiger Mairegen auf das Dach des Schlüterhofs trommelt, dürfte von Mozart und Haydn kaum noch etwas zu hören sein. Trotz dieses Risikos und einer problematischen Akustik hat das Rundfunk-Sinfonieorchester seit 2006 in dem historischen Innenhof eine Konzertserie jeweils um Christi Himmelfahrt etabliert. In diesem Jahr werden die drei Abende am Donnerstag, Sonnabend und Sonntag von dem Italiener Giovanni Antonini geleitet, einem jener Experten, die Erkenntnisse der historischen Aufführungspraxis an moderne Orchester zu vermitteln suchen. Vom genialen Dresdner Exzentriker Jan Dismas Zelenka bis zum spanischen Beinahe-Mozart Juan Crisostomo de Arriaga reicht die unkonventionelle Werkauswahl. Da sollte der Himmel ein Einsehen haben.

Jörg Königsdorf

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