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Peter Liechti bedankt sich für den Preis der Leserjury, mit dem sein Film „Vaters Garten – die Liebe meiner Eltern“ geehrt wurde.

© Berlinale

Leserjury-Preis für Peter Liechti: Alles über meine Eltern

Ein Film, der die Generationen vereint: Unser Leserjury-Preis geht an Peter Liechti für „Vaters Garten - Die Liebe meiner Eltern“.

Seine Eltern hätten ihn gewarnt, sagt Peter Liechti bei der Preisverleihung der unabhängigen Jurys am Samstag in der Saarländischen Landesvertretung. Wenn er einen Film über sie drehe, das wolle doch bestimmt keiner sehen. Der 61-jährige Schweizer Regisseur ist froh, dass er das Projekt trotzdem realisiert hat: Sein Dokumentaressay „Vaters Garten – Die Liebe meiner Eltern“ hat den Preis der Tagesspiegel-Leserjury gewonnen. „Das ist ein Publikumspreis“, freut er sich – und nimmt sich nach der Verleihung Zeit für ein angeregtes Gespräch mit der Jury.

Neun Juroren zwischen 20 und 65 Jahren, die unter 32 Filmen im Internationalen Forum wählen – da waren lange Diskussionen programmiert. Aber die Jury einigte sich schnell: „Wir alle haben Eltern oder Großeltern“, so das einhellige Argument nach nur einer Stunde leidenschaftlicher Debatte. „Vaters Garten“ überzeugte Gudrun Ebert, Andreas Fricke, Jutta Kommnick, Petra Luber, Frank Münschke, Klara Otte, Thomas Prommersberger, Claudia Schneider und Viktoria Strom durch seine „Ehrlichkeit“, wie sie in der Begründung schreiben: „Durch den Spagat zwischen zärtlichem Porträt und der gleichzeitigen Offenbarung der eigenen Verletzlichkeit. Der Filmemacher führt die Eltern nicht vor, er lässt uns tief in ihr Leben blicken. Die Puppenfiguren sind dabei ein gelungener Kunstgriff zur Abstraktion. ,Vaters Garten’ wirft Fragen auf, die uns alle bewegen.“ Die Puppenfiguren: Liechti sucht in seinem Doppelporträt nicht nur seine gegensätzlichen Eltern mit der Kamera auf, den peniblen Vater, der akkurat den Garten pflegt, und die gläubige Mutter, die sich ihrem Mann meist unterordnet. Er stellt auch mit zwei Hasenpuppen deren Konflikte und Spannungen nach. Will herausfinden, was die Eltern verbindet, was sie trennt und warum sie seit 62 Jahren offenbar glücklich verheiratet sind.

Der Schweizer Filmemacher hat sich mit Dokumentationen einen Namen gemacht. Mal begleiten sie einen Raucher auf seiner Entziehungstour von Zürich nach St. Gallen („Hans im Glück – Drei Versuche, das Rauchen loszuwerden“, 2003), mal ein Musikensemble auf einer Tournee durch Namibia („Namibia Crossings“, 2004). Mit „Marthas Garten“ legte er 1997 ein schwarz-weißes Winter-Liebesdrama vor, sein Essayfilm „Das Summen der Insekten – Bericht einer Mumie“ von 2009 basiert auf einer Novelle von Shimada Masahiko.

Trotz des Tempos war der Jury das Votum nicht leichtgefallen – wegen all der anderen preiswürdigen Filme und weil es nicht nur Äpfel mit Birnen zu vergleichen galt: Dokumentar-, Spielfilme und Mischformen, mindestens drei Obstsorten machten die Juroren sie aus. Ästhetik, Bildsprache, all das waren Kriterien – und bitte kein Kitsch. Letztlich hänge es auch von der eigenen Biografie ab, was man möge: So kamen die eigenen Eltern ins Spiel, das Staunen, auch der Ärger über die ältere Generation ist jedem vertraut. Weshalb die Jury Peter Liechti auch noch zwei Schokoladenhasen überreichte und die Daumen drückt, dass der Film in Deutschland bald ins Kino kommt. Und was tat der Regisseur gleich danach? Rief seine Eltern an, um die Freude über den Preis mit ihnen zu teilen. Nantke Garrelts

Vorführung des Siegerfilms in Anwesenheit der Jury am heutigen Sonntag, 17. 2., 19.30 Uhr im Cinemaxx 4

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