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Eberhard Rondholz:Griechenland. Ein Länderporträt.

Eberhard Rondholz:

Griechenland. Ein Länderporträt. Ch. Links Verlag, Berlin 2011. 200 Seiten, 16,90 Euro.

Korruption, Schattenwirtschaft, ein Land vor dem finanziellen und gesellschaftlichen Kollaps – düstere Schlagzeilen bestimmen die Berichterstattung über Griechenland seit über einem Jahr. Daran kommt man bei einer Bestandsaufnahme nicht vorbei, und auch der Journalist Eberhard Rondholz schreibt über die tief verwurzelte Günstlingswirtschaft und Gefälligkeitskultur in seinem „Länderporträt“. Doch Rondholz wehrt sich gegen billige Klischees und möchte einiges geraderücken und zum Verständnis der Griechen und Griechenlands beitragen. Herausgekommen ist eine sehr differenzierte und aufschlussreiche Studie über Land und Leute. Rondholz beginnt mit der Beziehung zwischen Griechen und Deutschen. Er schreibt über Helden, Visionäre, Märtyrer und Poeten der jüngeren griechischen Geschichte, deren Namen auf Münzen und Straßenschildern zu finden sind. Er berichtet über kulturelle Strömungen im Land, benennt Orte der Geselligkeit, gibt Esstipps, enthüllt Geheimnisse um den Kaffee oder das Olivenöl, schreibt über Traditionen, Sitten und griechische Feste. Und immer wieder kommt der Journalist auf die erstaunlichen Zusammenhänge zwischen der Türkei und Griechenland zu sprechen. Da das Buch ein politisches ist, weist Rondholz auch auf einige Tabus in der Geschichtsschreibung hin. Beispielsweise haben die Deutschen nie Entschädigungszahlungen für die Kriegsverbrechen in Griechenland gezahlt; beispielsweise heizen deutsche Rüstungsfirmen mit ihren Waffenexporten den Dauerkonflikt mit der Türkei auf unverantwortliche Weise an; beispielsweise haben die Deutschen Hitlers Versprechen nie eingelöst, die erzwungenen Kriegsanleihen nach Kriegsende zurückzuzahlen. Es gibt also einige offene Rechnungen, die in der deutschen Öffentlichkeit kaum eine Rolle spielen. Schade nur, dass Rondholz kaum Reportageelemente in seinen Text hat einfließen lassen. Der Journalist kennt das Land seit Jahrzehnten aus eigener Anschauung, doch sein sachkundiges und tiefgreifendes Buch wirkt wie angelesen. Das „Länderporträt“ hätte anschaulicher werden können. Stefan Berkholz

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