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Kultur: Leuchtkringel an der Wand

KURZOPER

Den Plüsch hat Franziska. E. Waldmann dem Konzerthaus gründlich ausgetrieben: In harten Sperrholzverschlägen nimmt das Publikum Platz, die sich auf der Bühne als Lattenzaun, Käfig und Gefängnis wiederholen. Die Szenerie ist jedoch Attrappe: dass man mit schlecht funktionierenden Taschenlampen Glühwürmchen spielen und Leuchtkringel an die Wände malen darf, ist für das dramatische Geschehen nicht unbedingt erhellend. Äußerlich bleibt ihm auch David Hermanns Regie. Leoš Janáceks „Tagebuch eines Verschollenen“ und Viktor Ullmanns „Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ zusammenzuspannen, wirkt durchaus sinnvoll – beide Werke handeln vom Konflikt zwischen menschlicher Natur und Gesellschaft, Mann und Frau, von erster Liebe auf Leben und Tod. So singt sich Jewgenij Tarunzov in Janáceks fieberglühender Vertonung mit kraftstrotzendem Tenor die Seele aus dem Leib, steht ihm Sabra Lopes als Zigeunerin Zefka mit versengendem Alt nicht nach. Uta Buchheister, Linda Naumann, Bonnie Cameron grundieren als reizvoll besorgtes Frauenterzett aus der Ferne. Die musikalische Leitung liegt bei Frank Gutschmidt am Klavier in zuverlässigen, ein wenig grobkörnig zeichnenden Händen. Doch die pantominische Verdoppelung des Geschehens im „Cornet“ durch die Sänger ist genauso überflüssig, wie im „Tagebuch“ den von Gewissensqualen Gebeutelten sich am Boden winden oder mit Gurten auf den Bretterzaun einschlagen zu lassen. Klischees, die sicher auch den Werken selbst innewohnen, werden so verstärkt, was ihrer Spannung allerdings kaum Abbruch tut – wie heftiger Beifall zeigte.

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