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Pete Doherty und Carl Bârat von den Libertines.

© imago/ZUMA Press

Libertines live in Berlin: Die Dämonen zu Hause gelassen

Gut gelaunt und fit: Die Libertines spielten in der ausverkauften Berliner Columbiahalle.

Pünktlich um kurz nach neun sind sie da. Vorbei die Zeiten, als man nicht sicher sein konnte, ob und in welchem Zustand Pete Doherty es auf die Bühne schaffen würde. Eine gemäßigte Alt-Herren-Veranstaltung ist das hier trotzdem nicht. Vor 3500 pogenden, wogenden Fans spielen die Libertines in der ausverkauften Columbiahalle das Beste aus fast zwanzig Jahren Bandgeschichte, vor allem aber Song ihres 2015 erschienenen Comeback-Albums „Anthems For Doomed Youth“.
Mit dem rockigen „Barbarians“ von der neuen Platte legt das britische Quartett los. Keine zehn Minuten vergehen, da hat Doherty sich seines eher nachlässig gebundenen Schlipses, Carl Barât seines schwarzen Hutes und der Lederjacke entledigt. Schlagzeuger Gary Powell hat sich erst gar kein T-Shirt angezogen, sondern sitzt gut gelaunt und oben ohne am Schlagzeug. Nur John Hassall mit Pilzkopf-Frisur, Jacke und um den Nacken gelegtem Handtuch spielt unbeeindruckt seinen Bass, während Kuscheltiere und Becher auf die Bühne fliegen und vom Sänger-Gitarristenduo Doherty/Barât zurück ins Publikum geworfen werden.
Schon die Vorband Reverend And The Makers aus Sheffield hat für gute Stimmung gesorgt, jetzt wird gesprungen, die Ordner ziehen im Minutentakt die Stage-Diver aus der Menge. Auf neue Songs wie die Singles „Straight To The Heart Of The Matter“ und „Gunga Din“ folgen Klassiker, von „What Katie Did“ bis „Can’t Stand Me Now“.

„Time For Heroes“ widmen sie David Bowie. Bei dem balladigen „You’re My Waterloo“, einem Song aus den frühen Bandjahren, der es aber erst auf das neue Album geschafft hat, überlässt Barât seinem Kumpan Doherty die Bühne, der sich erstmal eine Zigarette anzündet. Die ersten Töne der Klavierbegleitung erklingen, Gary Powell lässt das Schlagzeug ruhen und dirigiert fröhlich das Publikum, das nicht auf Dohertys Einsatz wartet, sondern ihm einfach die erste Strophe vorsingt: „You’ll never fumigate the demons / No matter how much you smoke / So just say you love me / For three good reasons / And I’ll throw you the rope.“ Gänsehautstimmung.

Keine Patzer, kein Streit

Dann ist Barât wieder auf der Bühne. Brüderlich teilen er und Doherty sich bei vielen Songs das Mikro und sind sich dabei so nah, als würden sie sich küssen. Der Streit, vor allem um Dohertys Drogenexzesse, der die 1997 gegründete Band nach sieben Jahren auseinanderbrachte, scheint vergessen. Ab 2010 folgten wieder gemeinsame Auftritte. In Berlin spielten sie zuletzt im Herbst 2014 in der Arena und im Sommer 2015 auf dem Lollapalooza Festival.
Große Patzer bleiben an diesem Abend aus, Pete Dohertys letzter Drogenentzug scheint erfolgreich zu sein – auch wenn er vermutlich keinen Fruchtsaft, sondern eher irgendwas in Richtung Bloody Mary in seinem Plastikbecher hat. Die von den Ordnern bereitgestellten Wasserflaschen werden jedenfalls nicht angerührt, bis Barât sie ins verschwitzte Publikum schmeißt. Das besteht überwiegend aus jungen Leuten, die beim Debütalbum „Up The Bracket“ von 2002 wohl gerade erst Laufen lernten. Die Fans der ersten Stunde, einige jenseits der vierzig, wippen in den hinteren Reihen und auf der Empore mit.
Nach knapp anderthalb Stunden verabschieden sich Doherty, Barât, Powell und Hassal mit deutschen „Dankeschön“-Rufen. Und werden natürlich von den Fans für die Zugabe zurückgeklatscht. Auf „Music When The Lights Go Out“ folgen „Up The Bracket“ und „Don’t Look Back into the Sun“. Am Ende hüllen sich die Musiker in eine Flagge mit „Libertines“Schriftzug. Von früheren Zwistigkeiten und Komplettaussetzern keine Spur. Kein Zweifel, die Libertines sind wieder da.

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