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Kultur: Lichtes Klanggewühl

Mit der Devise "Nun erst recht" haben die Berliner Symphoniker schon manches Mal ihre Unverzichtbarkeit unter Beweis gestellt.Hinge nicht das Transparent "Berliner - rettet Eure Symphoniker" über dem Podium der gut besuchten Philharmonie, kein Mensch käme auf die Idee, daß hier unter dem Damoklesschwert eines Auflösungsbeschlusses musiziert wird.

Mit der Devise "Nun erst recht" haben die Berliner Symphoniker schon manches Mal ihre Unverzichtbarkeit unter Beweis gestellt.Hinge nicht das Transparent "Berliner - rettet Eure Symphoniker" über dem Podium der gut besuchten Philharmonie, kein Mensch käme auf die Idee, daß hier unter dem Damoklesschwert eines Auflösungsbeschlusses musiziert wird.In kurzer Zeit hat Chefdirigent Lior Shambadal "seine" Musiker zu solch aufmerksamer Präsenz und klanglichem Feinschliff herangezogen, daß es nach längerer Hörpause kaum wiederzuerkennen ist.Dieses Orchester macht anderen Klangkörpern der Stadt durchaus Konkurrenz und hat dazu noch das Plus seiner Basisarbeit in die Waagschale zu werfen.Darüber hinaus leistet es sich den Mut eines ungewöhnlichen Programms.Die Symphonie Nr.2 in c-Moll von Alexander Skrjabin ist wahrhaftig ein schwerer Brocken, ein die Wagnersche "unendliche Melodie" weiterspinnendes, formal verschachteltes, klanglich üppiges Werk, das auch dem Publikum einiges Sitzfleisch ("jetzt kommt noch ein Satz!") abverlangt.Shambadal nimmt sich viel Zeit beim Aufbau großer Entwicklungsbögen und kann darin feine Detailarbeit entfalten.Auf dunkelsamtigem Untergrund von Tuba und Kontrabässen erheben sich zarte Holzbläseridyllen, brutal zerstört von getopftem Blech und Paukengeknatter.In immer wieder aufschäumenden Steigerungen leisten die Blechbläser unendlich viel, allen voran die Trompete, der das strahlende Licht des aufsteigenden übermäßigen Dreiklangs gehört, agieren die Violinen plastisch-geschmeidig - nur die Cellogruppe bleibt da ein wenig blaß.Dabei gelingt es Shambadal, das ganze Klanggewühl weitgehend transparent zu halten, es mit geschärfter Rhythmik distanzierend-leicht zu unterlaufen.

Zuvor wird im "Rach 2", diesem Zuckerbrot für Klaviervirtuosen und Orchester von Sergej Rachmaninow, der "gute Geschmack" eher zum Spielverderber: Elena Margolina, kurzfristig für Derek Han eingesprungen, spult ihren Part routiniert ab, technisch untadelig und kraftvoll.Doch ihr Ton bleibt hart, blüht nur ein einziges Mal wirklich auf im überraschend piano einsetzenden Final-Seitenthema, und kann so mit dem an sich sensiblen Orchester weder Klangverführung noch unsentimentale Brillanz entwickeln.

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