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Die kroatische Produzentin, Schauspielerin und Sängerin Rita Rusic beim Erreichen des Lido-Strandes

© dpa

Lido-Lichtspiele (7): "Harry's Bar": Nur Lob für Harry

Die finsteren Zeiten sind vorbei, sagen die Chefs von Biennale und Mostra. Baulücken und verfallene Luxushotels sprechen aber noch eine andere Sprache. Und der Film "Harry's Bar" ist eine einzige Lobhudelei.

Wer zwischen den Festivalfilmen im Strandrestaurant neben dem Hotel Excelsior einen schnellen Cappuccino trinkt, wird von Einheimischen gern darauf aufmerksam gemacht, dass ein Großteil des Lidos nach wie vor in mafiöse Bauskandale verstrickt ist. Warum wohl, fragen sie, werden hier keine Kreditkarten akzeptiert? Sind die osteuropäischen Kellnerinnen ordnungsgemäß angestellt? Die Luxusstrände der Venedig vorgelagerten Insel hat der Sohn des kalabrischen Bauunternehmers Saverio de Martino gepachtet, der im Mai verhaftet worden war. Und auf dem Festivalgelände klafft nach wie vor das berühmte Loch, „Il Buco“, jene asbestverseuchte Baugrube, die vor Jahren für einen neuen Festivalpalast ausgehoben worden war und bis heute brach liegt. An dem nie realisierten öffentlichen Bauprojekt wurden viele Millionen Euro verdient.

Barata und Barbera predigen das Prinzip Hoffnung

Die finsteren Zeiten sind vorbei, sagt Biennale-Chef Paolo Barata beim Pressebrunch am Mittwoch, freut sich darüber, dass die vorhandenen Festivalkinos in den letzten Jahren modernisiert werden konnten, und dankt Mostra-Chef Alberto Barbera für die Profilierung des Festivalprogramms. Barata und Barbera predigen das Prinzip Hoffnung: Das in die Schlagzeilen geratene Immobilienkonsortium Est Capital, dem unter anderem das Excelsior und das ebenfalls seit Jahren vor sich hin verfallende legendäre Luxushotel Des Bains gehören, wurde inzwischen von einem neuen Besitzer abgelöst. Wo „Il Buco“ klafft, könnte nächstes Jahr ein Freiluftkino Platz finden. Aber für die Vorstellung, eines nicht allzu fernen Tages könnten die Stars tatsächlich im wiedereröffneten, der Korruption entrissenen Des Bains absteigen, braucht man schon sehr viel Fantasie.

Barata, der am Rande des Brunchs erläutert, dass seine Wiederwahl durch das Parlament im November nicht unwahrscheinlich ist und die Verlängerung von Barberas ebenfalls auslaufendem Vertrag so gut wie sicher, betont die Unabhängigkeit der Festivalleitung. Was in Post-Berlusconi-Italien immer nach Pfeifen im finsteren Wald klingt. Im Kino kommen einem jedenfalls Zweifel, wenn man sich etwa in einer der Nebenreihen „Harry’s Bar“ anschaut, Carlotta Cerquettis TV-Doku über Venedigs berühmteste Bar und ihren Besitzer Arrigo Cipriani. Eine Hagiografie über den Ort, den schon Hemingway, Capote und Orson Welles liebten, ein PR-Film voller Lobhudelei, vom Filmmogul Harvey Weinstein bis zum Supermodel Naomi Campbell. Kein Wort über die Steuerhinterziehung des Hotel- und Restaurant-Imperiums Cipriani in zweistelliger Millionenhöhe, kein Wort auch über die Finanzaufsicht, die der überschuldeten Bar Ende 2012 verordnet wurde. Der Kinosaal ist mit städtischen Honoratioren gefüllt. La Serenissima, ganz unter sich.

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