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Kultur: Liebe geht durch den Kopf

KINO

Dieser Witwer kocht begnadet, konzentriert und manisch. Beruflich hat er sich damit einen gewissen Ruhm erworben. Privat und sonntags jedoch kocht er für seine drei erwachsenen Töchter, die noch bei ihm wohnen – schwanger die eine, durch einen neuen Freund beseelt die andere, und die dritte hat schon fast einen neuen Job. Ihnen schwant etwas? Richtig. Ang Lee hat 1995 mit „Eat Drink Man Woman“ eben diesen Stoff verfilmt. Aber Raider ist jetzt Twix. Und „Eat Drink Man Woman“ ist jetzt Tortilla Soup von Marìa Ripoll . – Die Handlung spielt zwar diesmal in Amerika, das Drehbuch jedoch ist beinahe wörtlich übernommen. Doch wo Ang Lee den Eindruck vermittelt, der Familienvater hinge kochend einer wunderbaren Wissenschaft nach, kontert Marìa Ripoll mit der Clip-Ästhetik von Tütensuppenhersteller. Der Chinese war schweigsam: eine verletzte Seele, die nur durch die Speisen von der Liebe sprach. Bei Ripoll sehen wir einen kochenden Autisten. Wo Ang Lee zärtlich war, wird Ripoll zickig. Wo knisternde Stille war, ist nun Lärm. Die heiratswütige Nachbarin ist auf ein sabbelndes Busenwunder reduziert (Sex-Queen in den besten Jahren: Raquel Welsh). Die drei Töchter aber verrät die Regisseurin an singende, klingende Mädchenklischees: Nonne, Nymphomanin und Nesthäkchen. – „Downtrading“ heißt in der Wirtschaft, wenn ein Produkt erst auf einem hochpreisigen, dann auf einem Billigmarkt verkauft wird. Der Produzent schöpft damit am Ende alle Zielgruppen ab. Drum: Sparen Sie sich den Eintritt und gucken Sie lieber diesen großen, vielschichtigen, zarten Film namens „Eat Drink Man Woman“. Auszuleihen bei einer Videothek Ihres Vertrauens.

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