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LIEBLINGS stück: Das Universum im Griff

Berlin hat 170 Museen. In den Ferien ist Zeit für Entdeckungstouren. Heute: Christiane Peitz spielt Gott im Technikmuseum.

Das 35 Meter lange Rohrtelefon im dritten Stock, das den Klang der klatschenden Hände als sphärisches Klackern zurückschickt, als wär''s ein Echo aus dem All. Der Ellipsenbillardtisch für Spieler, die nicht verlieren können, denn die Kugel rollt garantiert ins Loch. Der Hochspannungs-Knallfunken, der elektrische Schnellseher, auch die Halbe Ruthe im Treppenhaus, das Längenmaß der Preußen (3,766 Meter): Das „Spectrum“-Haus des Technikmuseums in Kreuzberg steckt voller Lieblingsstücke. Aber das schönste von allen findet sich in der Optik-Abteilung im ersten Stock.

Also vorbei an der Wirbelringtrommel mit den wild im Luftstoß tanzenden Lamellen, vorbei an der Großlinse und dem Fettfleckphotometer. Im abgedunkelten Raum mit den Prisma-Experimenten verbirgt sich zwischen den beiden Eingangstüren die Plasmakugel. Man übersieht sie leicht, wenn nicht gerade jemand Hand anlegt. Das unscheinbare transparente Ding mit der kleinen Elekrodenkugel in der Mitte stellt weder eine sensationelle Erfindung dar, noch schaut es auf eine jahrhundertealte Wissenschaftstradition zurück: Es ist nur ein Trick, ein Spiel mit der Elektrizität, erfunden von dem Elektroingenieur Nikola Tesla vor gut 100 Jahren.

Die Elektrode brennt, lichterloh. Gasflammen züngeln Richtung Kugelwand, formen eine zuckende Lichtskulptur, verdichten sich zu giftgrünen Astralnebelschwaden, die im Zeitraffer heraufziehen und wieder verschwinden. Kaum legst du deine Hände auf die Kugel, schwupp, züngeln die Flammen eben dorthin, folgen deinen Bewegungen, bündeln und zerstreuen sich nach deinem Diktat. Wer Angst vor Gewitter hat, kann sie hier wegtherapieren: Dieser Geist kann beim besten Willen nicht aus der Flasche.

Zeus schleuderte Blitze, wenn er wütend war. Die Plasmakugel mit ihrer hochfrequenten Wechselspannung und dem Gasgemisch aus Helium und Neon ist beides: Spannung, die sich entlädt und die in Schach gehalten wird, gewaltige und gebändigte Natur, Urknall und Poesie. Picasso zauberte mit der Taschenlampe Lichtgemälde in die Dunkelheit. Mit der Plasmakugel kannst du das auch: Künstler sein, den Gefahren trotzen, Gott spielen. Und wenn der Blitz dir gehorcht und seine Linien sich zum filigranen Luftwurzelwerk verästeln, wenn du die Elemente entfesselst und das Miniuniversum im Griff hast, dessen himmlisches Licht Sekunden später wieder erlischt, dann denkst, dass Gott großen Spaß gehabt haben muss, als er das Wunder des Weltalls erschuf.

Deutsches Technikmuseum Berlin, Trebbiner Str. 9, Spectrum: Eingang Möckernstr. 26, Di.–Fr. 9–17.30 Uhr, Sa., So. 10–18 Uhr, www.sdtb.de

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