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Kultur: Lightshow mit Diabolus

KLASSIK

Die Grabenkämpfe sind vorbei, aber ein Graben klafft nach wie vor. Zwar hat die historische Aufführungspraxis das Klangbild der Musik vor 1800 in den letzten Jahrzehnten revolutioniert. Doch die Grenze vom 18. zum 19. Jahrhundert erfolgreich zu überschreiten, wo nämlich in Spieltechnik und Instrumentenbau langsam das spätromantische Idiom beginnt, das schafften bisher nur wenige marodierende Stoßtrupps aus dem Heer der Kämpfer für historisch informiertes Musizieren. Die geteilte Klassikszene scheint noch weit davon entfernt, den in Wirklichkeit gar nicht so abrupten Übergang der einen stilistischen Welt in die andere überzeugend zu formulieren. Wen wundert es, wenn man da auch einmal mit dem Teufel paktiert?

Philipp Herreweghe , ein Pionier für Bach und als Leiter seines Orchestre des Champs Elysees mit historischem Instrumentarium in der Romantik unterwegs, schloss für Mendelssohns e-moll-Violinkonzert von 1844 den Bund mit dem Teufelsgeiger Christian Tetzlaff . Doch der Versuch einer entente cordiale misslang am Dienstag im Berliner Konzerthaus : Tetzlaffs entrückt-verzückter, spannungsgeladener Ton wollte sich nicht verbinden mit dem sprechenden, entspannten und nuancenreichen Klang des Orchesters: Sein Ton rief nach dem Scheinwerferkegel, während die Kulisse mit Kerzenlicht beleuchtet war. Dabei hätte Tetzlaffs Streben nach diabolischer Transzendenz auch dort gut getan, wo Herreweghe mit den Seinen unter sich war. Mit der Bilderverliebtheit der barocken Rhetorik musiziert, bleibt jedenfalls auch Mendelssohns himmlische Ouvertüre zum Sommernachtstraum als Deckengemälde mit flatternden Elfen im Diesseits hängen.

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