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"LiMo": In Marbach öffnet das Literaturmuseum der Moderne

Das Museum wird kommenden Dienstag von Bundespräsident Horst Köhler in Marbach am Neckar eröffnet, es gilt als weltweit einzigartig. Das "LiMo", wie es kurz heißt, will vom Computerkid bis zum Wissenschaftler jedem etwas bieten.

Marbach am Neckar - In Friedrich Schillers Geburtsstadt Marbach am Neckar hat die deutsche Literatur auf einer Anhöhe mit Blick ins Neckartal ein standesgemäßes Zuhause. Das Deutsche Literaturarchiv und das Schiller-Nationalmuseum bilden hier seit Jahrzehnten das literarische Zentrum der Bundesrepublik. Nun wird es um eine Attraktion reicher.

Der klassische Säulenbau aus Beton und tropischem Ipê-Holz des britischen Architekten David Chipperfield beherbergt Sehenswertes zur Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts - vom Zettelkasten bis zu Totenmasken von Dichtern und Denkern. Neben dem kostbaren Originalmanuskript von Franz Kafkas «Proceß» und Briefen von Hermann Hesse und Thomas Mann erinnern künftig Exponate in Dauer- und Wechselausstellungen auch an zahlreiche unbekanntere Autoren.

Ausgestellt werden etwa die in antiker Manier gestalteten Papierrollen von Ernst Penzoldt für seinen Schelmenroman aus den 30er Jahren, «Die Powenzbande», und ein Röntgenbild des lungenkranken Philosophen Karl Jaspers. Dabei geht es vor allem darum, wie Texte entstehen, aber auch um Erfahrungen und Denkweisen in der Kulturgeschichte. Gezeigt werden poetische Formen und Formeln, in denen Ideen überliefert werden, wie Museumschefin Heike Gfrereis sagt. Heutige Autoren sollen in dem «Schatzhaus der neuen deutschen Literatur» zudem ganz direkt erklären, wie sie arbeiten.

Das LiMo ist das «Sichtglas ins Herz der Literatur», wie der Direktor des Deutschen Literaturarchivs, Ulrich Raulff, sagt. Sein Ziel ist es, besonders Lehrer und Schüler an den Ort zu locken. Zu entdecken gibt es hier Abiturzeugnisse, Identitätsausweise und Notizbücher, historische Tonaufnahmen, Kleidungsstücke, private Fotoalben und Bibliotheken sowie Hausrat der Dichter. Als Schätze gelten dabei die Manuskripte Alfred Döblins «Berlin Alexanderplatz», Martin Heideggers «Sein und Zeit», Gedichthandschriften von Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke und Paul Celan.

Im LiMo wechseln sich Kunstlichträume mit lichtdurchfluteten Gängen und Hallen ab. Die meisten Wände in dem Haus mit ganz unterschiedlichen Deckenhöhen sind aus dunkelbraunem Holz. Es sollte kein weißes Museum sein, wie es jeder kennt, sagt Architekt Chipperfield. Rund zwölf Millionen Euro haben sich Bund und Land den von Terrassen umgebenen Neubau kosten lassen. Doch Raulff sieht die Marbacher Museumsinsel damit nicht am Ziel. Er hofft nun vor allem auf eine Sanierung des rund 100 Jahre alten Schiller-Nationalmuseums.

Dennoch gibt es in Marbach erst einmal wieder Spielraum. Um 3800 Quadratmeter ist die Fläche für Archiv und Ausstellungen gewachsen, davon werden 1000 Quadratmeter aus mehr als 1200 Schriftsteller- und Gelehrtennachlässen des Archivs bestückt. 400 Quadratmeter sind den Wechselausstellungen vorbehalten, in diesem Jahr zu Gottfried «Benns Doppelleben» (7. Juli bis 27. August) und Hannah Arendt (5. Oktober bis 26. November). Vom 11. November bis 29. Januar 2007 zeigt das Museum «Ein deutsches Pantheon. Fotografien von Dichtern und Denkern aus drei Jahrhunderten». (tso/dpa)

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