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Kultur: Lippen und Leuchten

Das Beste zum Schluß: nirgends lassen sich "Goethe-Spuren" musikalisch einleuchtender nachweisen als im Werk Anton Weberns. Die "Metamorphose der Pflanze", als Mannigfaltigkeit der Erscheinungen aus immer gleichem Keim beschrieben, wurde für den Vater der seriellen Musik zum künstlerischen Credo.

Das Beste zum Schluß: nirgends lassen sich "Goethe-Spuren" musikalisch einleuchtender nachweisen als im Werk Anton Weberns. Die "Metamorphose der Pflanze", als Mannigfaltigkeit der Erscheinungen aus immer gleichem Keim beschrieben, wurde für den Vater der seriellen Musik zum künstlerischen Credo. Daß es sich dabei keineswegs um theoretisch verknöcherte Konstrukte handelt, davon wußte das Ensemble Modern brillant zu überzeugen. Auch die Avantgarde, die gerade diese 50 bis 60 Jahre alten Werke noch immer ausmachen, wird heute in neuen Zusammenhängen dargeboten: Als spontane und emotionale Eroberung. Das Klavierquintett aus dem Jahre 1907 sperrte den Zuhörern im Schauspielhaus die Ohren auf für die Ausdruckskraft der folgenden Zwölftonkompositionen. Hier entfaltet sich, getragen vom temperamentvollen Pianisten Ueli Wiget, noch ein leidenschaftlich-schwerblütiger Brahms-Gestus. Freya Kirby und Jagdish Mistry, Geneviève Stroessner und Eva Boecker geben dem Streichquartett op. 28 außerordentliche Klangschönheit. Fragiler hebt sich das Streichtrio op. 20 davon ab. Ein faszinierendes Kaleidoskop kaum faßbarer Ereignisse, in immer neuen Farben und Formen und doch durch die strenge Zwölftonreihe bestimmt. Weitaus beliebiger wirkt dagegen die dazwischen gestreute Musik des 1941 geborenen Portugiesen Emmanuel Nunes. In "Aura" für Flöte solo kann Dietmar Wiesner immerhin an neun Notenständern sein Material von Summen, Lippen- und Klappengeräuschen virtuos abarbeiten. Dagegen ist Weberns Quartett op. 22, dem Klarinette und Tenorsaxophon skurrile Farben geben, ein bald sprödes, bald vitales Vergnügen.

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