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Literatur: Auszeichnung für Islamkritikerin Ali

Die Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali hat den Kasseler Bürgerpreis erhalten. Laudatorin Alice Schwarzer würdigte die Preisträgerin für ihren Mut, Missstände in der islamischen Kultur zu kritisieren.

Kassel - Ayaan Hirsi Ali hat vor einem schleichend erstarkenden Islamismus gewarnt. Diesen zu ignorieren sei menschlich, könne aber letztlich tödlich sein, sagte Ali in Kassel, wo sie mit dem mit 10 000 Euro dotierten Kasseler Bürgerpreis "Das Glas der Vernunft" geehrt wurde. Die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Preises würdigte mit der Auszeichnung den Einsatz der 36-Jährigen für die Integration von Migranten und gegen die Diskriminierung von Frauen.

In ihrer Rede sprach sich Ali für einen kritischen Integrationsansatz aus. "Je träger wir sind, desto mehr wird es den Islamfaschisten gelingen, junge Menschen zu radikalisieren", sagte die 36-Jährige. Wenn in westlichen Städten "immer mehr Frauen sich wie Eulen verhüllen und wenn Frauen, die sich weigern, in Frauenhäuser flüchten müssen, dann müssen wir eine klare Position beziehen".

Ali ging auch auf den so genannten Karikaturenstreit und auf die Eskalation der Gewalt nach der umstrittenen Papstrede ein. Die Interpretation dieser Geschehnisse habe zu einer Teilung in der westlichen Welt geführt, sagte sie. Die einen forderten eine friedliche Annäherung nach dem Motto "Gebt ihnen, was sie wollen, und sie werden uns nichts tun", die anderen wären dafür, eine klare Grenze zu ziehen.

Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur ddp nahm die Preisträgerin am Rande der Veranstaltung auch zu der abgesetzten Mozart-Oper in Berlin Stellung. Die Absetzung sei falsch gewesen, sagte sie. Umso erfreulicher sei es, dass die Aufführung - auch auf Intervention islamischer Gruppen - nun möglicherweise doch stattfinden könne.

Immer wieder Drohungen

"Wir haben 25 Jahre lang Millionen Musliminnen und Muslime in Deutschland und der restlichen Welt im Stich gelassen und sie den Islamisten überlassen", sagte die Laudatorin der Preisverleihung, Alice Schwarzer. Erst jetzt, da der Westen selbst bedroht sei, beginne ein allmähliches Umdenken. Der Schlüssel zur Emanzipation des Islam sei die Gleichheit der Geschlechter. Man dürfe nicht länger akzeptieren, dass Mädchen schon im Kindergarten Kopftuch tragen.

Schwarzer würdigte die Preisträgerin für ihren Mut, Missstände in der islamischen Kultur wie Genitalverstümmelung oder Zwangsheirat offen zu kritisieren. Dafür zahle Ali einen hohen persönlichen Preis, sagte Schwarzer auch mit Blick auf die Morddrohungen, die Ali in der Vergangenheit immer wieder erhalten hatte und wegen derer der Festakt in der Kasseler Stadthalle unter massiven Sicherheitsvorkehrungen stattfand. Im Vorfeld der Verleihung hatte es nach Angaben der Veranstalter konkrete Drohungen gegeben.

Flucht vor Zwangsheirat

Die in Somalia geborene Preisträgerin war 1992 vor einer Zwangsheirat in die Niederlande geflüchtet. Dort engagierte sie sich für das Selbstbestimmungsrecht muslimischer Frauen und geriet ins Visier islamischer Fundamentalisten. Bei der Leiche des 2004 in Amsterdam ermordeten Filmemachers Theo van Gogh wurde ein Drohbrief gegen sie gefunden. Seitdem lebt sie unter Polizeischutz.

Im September siedelte die 36-Jährige, die von der Zeitschrift "Readers Digest" zur "Europäerin des Jahres 2006" gewählt wurde, in die USA über, um am American Enterprise Institute, einer neokonservativen so genannten Denkfabrik, zu arbeiten. Am 27. September erschien die deutsche Ausgabe ihrer Autobiografie "Mein Leben, meine Freiheit".

(Von Gabriele Sümer, ddp)

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