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Bachmann-Preis: Eklat beim Wettbewerb in Klagenfurt

Schon am ersten Tag hat der 33. Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt seinen denkwürdigen Moment, der zwar nicht in die Geschichte der Literatur, wie Rainald Goetz´ Stirngeschlitze, aber doch in die Geschichte dieses Wettbewerbes eingehen dürfte.

Der junge österreichische Autor Philipp Weiss spricht nach dem Ende seiner Lesung und der Diskussion darüber den Satz „Das ist jetzt kein Kommentar zur Diskussion, sondern notwendiger Bestandteil des Textes“ und beginnt genau diesen zu essen, nicht genüsslich, aber entschlossen. In Weiss´ „Blätterliebe“ geht es um den Vormittag eines Schriftstellers der etwas anderen Art, um das Schreiben, um die Liebe zum Schreiben, aber auch die vergebliche Liebesmüh damit. Und diese führt den Schriftsteller zum Arzt, der bei einer Endoskopie Blätter in seinem Magen findet, Texte, Wörter: „In diesem Geschlampe seines Körpers, in diesem Körpertheater entstehen Liebesmomente. Texte entstehen dabei wie auch Liebesmomente.“ Die Geschichte von Weiss tritt lustvoll auf der Stelle, erinnert mit ihren vielen Konjunktiven, indirekten Reden und Redundanzen an Thomas Bernhard, ist gut gemacht, überzeugt aber trotzdem nicht: Zu früh weiß man, was Sache ist. Und wurden in Österreich nicht schon Legionen solcher Texte geschrieben?

An diesem ersten Lesetag wird aber genauso klar, dass es vermutlich wieder ein schweres Unterfangen für die Jury wird, einen herausragenden Sieger zu küren. Und dass man sich überhaupt, nach Josef Winklers schwungvoll-knarziger Abrechnung mit der Kärtner Landespolitik und dem ehemaligen, sich „mit seiner Asche aus dem Staub gemacht“ habenden Landeshauptmann Jörg Haider bei der Eröffnung (im übrigen unter Beisein von Haiders Witwe), wieder mitten in den holprigen Ebenen dieses Wettbewerbs befindet. Lorenz Langenegger langweilt mit einer bedächtigen Erzählung über einen Sonderling, Karsten Krampitz entzieht seiner gut beginnenden Stasi-Geschichte den zweiten Boden, als er sie in eine bieder nacherzählte Lebensgeschichte eines Pastors münden lässt, und Bruno Preisendörfer verwundert durch eine stockende, kaum Betonungen setzende Vortragsweise. Preisendörfers Erzählung aber ist die erste wirklich interessante und gute. Sie handelt von der Krise eines Psychoanalytikers an seinem 50. Geburtstag, unter Einbeziehung von Gott, einem Clown und allen möglichen Zeit-und Raumspannen. Wie bei Christiane Neudeckers nachfolgender Horrorgeschichte aus dem Computerzeitalter aber ist die Zustimmung der Jury keine einhellige, fehlt etwa der stes grantelnden Karin Fleischanderl die Sprache für einen ansprechenden Stoff (bei Preisendörfer), hat der belesene Burkhard Spinnen auch Neudeckers Geschichte schon unzählige Male gelesen, in diesem Fall zwischen seinem 8. und 15. Lebensjahr. Nach diesem ersten Drittel des Wettbewerbs weiß man: Der Ingeborg-Bachmannpreisträger 2009 liest erst noch.

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