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Berliner Literaturfestival: Wolke sieben

Heute um 18 Uhr wird das 7. Berliner Literaturfestival mit einer Rede des Schriftstellers David Grossmann eröffnet. Der Programmschwerpunkt liegt in diesem Jahr auf Lateinamerika.

Von Gregor Dotzauer

Vor sieben Jahren war das Internationale Literaturfestival Berlin noch eine wüste Angelegenheit. In seinen organisatorischen Tiefen ging es finster zu, und Ulrich Schreibers Geist zappelte über allen Wassern. Wenn es heute um 18 Uhr mit einer Rede des israelischen Schriftstellers David Grossman im Haus der Berliner Festspiele (HdBF) feierlich eröffnet wird, hat es nicht nur ein biblisches Alter erreicht. Die rund 150 Schriftsteller, die sich bis zum 16. September in über 250 Veranstaltungen präsentieren, finden auch solide Strukturen vor. In den drei Jahren, in denen es nun bei den Berliner Festspielen angesiedelt ist und hauptsächlich auf den hauseigenen Bühnen in der Schaperstraße stattfindet, hat es sich verstetigt. Das Untergangslamento, das sein Leiter Schreiber noch im Frühjahr anstimmte, nimmt sich im frühherbstlichen Licht einigermaßen übertrieben aus: Kulturpolitiker, Sponsoren und vor allem das Publikum scheinen wild entschlossen, dem literarischen Großereignis auch weiterhin die Treue zu halten.

„Alle Uhren andere Zeiten“: Dieses Motto der von Beatrice Faßbender herausgegebenen „Berliner Anthologie“ (272 Seiten, 15 €), in der 33 Gäste jeweils drei Lieblingsgedichte ausgewählt haben – ihr entnehmen wir auch die deutsche Erstveröffentlichung von Nicholas Shakespeare –, ist höchstens ein ironischer Hinweis auf das ganz normale Chaos, das eine Veranstaltung dieser Größenordnung mit sich bringt. Zur Orientierung empfiehlt sich wie immer besonders der Katalog (240 Seiten, 10 €). Unter dem Titel „Writing Space 3“ sammelt er neben ausführlichen Biografien der eingeladenen Autoren auch Auskünfte über die Orte ihres Schreibens.

Der Programmschwerpunkt liegt dieses Jahr auf Lateinamerika: sowohl in einem eigenen „Fokus“ wie – über die anderen Reihen verteilt – in den von Schriftstellern kuratierten „Literaturen der Welt“, dem „Kaleidoskop“, den „Scritture Giovani“, den politisch ausgerichteten „Reflections“, den retrospektiven Hommagen von „Erinnerung, sprich!“ und der „Internationalen Kinder- und Jugendliteratur“. Wer erfahren will, wohin Lateinamerika im Zeitalter der Megacitys und eines neuen Sozialismus steuert – hier kann er sich kundig machen.

Sieben Tugenden kennt der wahre Samurai, sieben Chakras die tantrische Lehre, sieben freie Künste die Antike, sieben Bände der Leser von Harry Potter und von Gottfried Benn (in der maßgeblichen Stuttgarter Ausgabe). Nun kann sich auch das Internationale Literaturfestival mit dieser heiligen Zahl schmücken. Sieben letzte Worte: Es wird auch ein achtes Mal geben.

Internet: www.literaturfestival.com

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