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Italien: Die Autorin Fabrizia Ramondino ist tot

Sie begann spät mit dem Schreiben – doch gleich mit ihrem ersten, 1981 veröffentlichten Kindheitsroman "Althénopis" hatte Fabrizia Ramondino ihren eigenen, unverwechselbaren Ton gefunden: spröde, langsam tastend, assoziativ, in sich kreisend, in Bildern, Gerüchen und Träumen abtauchend, an Marcel Proust erinnernd.

Von ihrer Geburtsstadt Neapel erzählt sie in diesem Roman, von deren Menschen und Häusern, und wie es sich anfühlt, aus der Kindheit überhaupt vertrieben zu werden. 1936 in Neapel als Tochter eines Diplomaten geboren, wuchs Ramondino auf Mallorca und in Frankreich auf. Mit 17 Jahren kam sie nach München, wo sie Literaturwissenschaften und Romanistik studierte. 1957 kehrte sie in ihre Heimatstadt zurück, engagierte sich in der Neuen Linken und arbeitete als Gymnasiallehrerin.

Der Erfolg ihres Debüts, das Kritiker und Publikum zugleich begeisterte, erlaubte es ihr, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Nach „Althénopis. Kosmos einer Kindheit“ folgten in steter Folge auch ins Deutsche übersetzte Romane wie „Ein Tag und ein halber“ und „Steh auf und geh“ oder Erzählungen wie „Die Vögel des Narcis“ und „Im Spiegel einer Insel“. Letztere ist die Geschichte einer Selbstheilung, nachdem Ramondino aufgrund einer schweren Lebenskrise auf der Insel Ventotene im Golf von Neapel alkohol- und medikamentenabhängig einen Suizidversuch unternommen hatte und psychiatrisch und psychotherapeutisch behandelt worden war. Diese Erfahrungen bewogen sie auch zu der Dokumentation „Jedes Wesen schreit stumm. Die Frauen in der Via Gambini“, eine Sammlung von Lebensgeschichten von Frauen aus einer psychiatrischen Klinik in Triest. Zuletzt erschien von ihr die Erzählsammlung „Die Katze und andere Erzählungen“. Am Montag ist Fabrizia Ramondino im Alter von 72 Jahren beim Schwimmen im Meer vor Gaeta im südlichen Latium gestorben. Tsp

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