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Leipziger Buchmesse: Krisenfest

Zum Start der Buchmesse: Die Wirtschaftskrise wird auch in den Festreden ihre Erwähnung finden, und ihr zum Trotz wird das unentbehrliche Kulturgut Buch hochgehalten.

Schon bevor an diesem Mittwoch im Leipziger Gewandhaus die Buchmesse eröffnet wird, mit der Verleihung des Buchpreises zur Europäischen Verständigung an den Historiker Karl Schlögel, dürfte sicher sein: Die Wirtschaftskrise wird auch in den Festreden ihre Erwähnung finden, und ihr zum Trotz wird das unentbehrliche Kulturgut Buch hochgehalten.

Sicher aber ist auch, dass anders als in den USA die Wirtschaftskrise die Buchbranche hierzulande noch nicht erfasst hat und in Leipzig wieder business as usual herrscht. Die Ausstellerzahlen sind stabil, und die 120 000 erwarteten Besucher decken sich mit den Zahlen der Vorjahre. Nach den guten Geschäften von Dezember und Januar meldet auch der Sortimentsbuchhandel ein Umsatzplus von zwei Prozent im Vergleich zum Februar 2008. Das allerdings liegt vor allem an der amerikanischen Autorin Stephenie Meyer, die mit ihren vier Bis(s)-Vampir-Büchern in den Top Ten aller Bestsellerlisten steht.

Insgesamt hätte sich die Wirtschaftskrise noch nicht auf das Kaufverhalten der Leser ausgewirkt, weiß der von Berufs wegen zum Optimismus verpflichtete Vorsteher des Börsenvereins, Gottfried Honnefelder, und stellt eine Tendenz zum inhaltlich Gewichtigen fest: „In schwierigen Zeiten kaufen Leser das, dessen Wert sie schätzen.“

So gehört sich das – selbst wenn die Verlage nach wie vor auf Schnelldreher setzen, auf verderbliche Ware wie Historienschinken, Thriller und Krimis (selbst der Suhrkamp Verlag hat gerade eine Krimireihe gestartet). Zudem sollten sie sich schleunigst daran machen, wie Thomas Carl Schwoerer, der Geschäftsführer des Campus Verlags rät, Bücher zur Finanz- und Wirtschaftskrise zu veröffentlichen, diese seien aus bekanntem Grund momentan stark nachgefragt.

Auch das also nichts Ungewöhnliches. Trotzdem gibt es Anzeichen, dass die Wucht der Krise der Buchbranche noch bevorsteht. Der Rowohlt Verlag richtet seine traditionelle Leipziger Buchhändlersparty dieses Jahr nicht aus, was allerdings noch den großen 100-Jahr-Feierlichkeiten des vergangenen Jahres geschuldet sein mag. Die Frankfurter Verlagsanstalt, der Verlag des Unseld-Sohns Joachim, hat keinen Stand in Leipzig, was sich noch damit erklären ließe, dass die FVA schon vor der Krise ein wenig schwächelte. Dass aber „FAZ“ und „Spiegel“ erstmals keinen und die „SZ“ einen deutlich kleineren Stand haben, ist ein echter Kriseneffekt und den Anzeigenrückgängen geschuldet. Trotzdem werden die Feuilletons dieser Zeitungen wieder Angriffen von Günter Grass ausgesetzt sein, der sein Tagebuch aus dem Jahr 1990 vorstellt. Auch das ist so sicher wie das Amen in der Nicolaikirche und gehört zur Leipzig-Folklore. 

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