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Literaturförderung: Wende unter Westerwelle

Das Auswärtige Amt will Literaturförderung kürzen. Der Leiter der Berliner Literaturwerkstatt, Thomas Wohlfahrt protestierte bereits bei Staatsministerin Pieper gegen die völlige Streichung der Unterstützung für internationale Literaturprojekte.

„Wir haben uns dazu bekannt, Projekte und Programme finanziell bestmöglich auszustatten“, verkündet Cornelia Pieper, die liberale Staatsministerin für Kultur im Auswärtigen Amt, in der aktuellen Ausgabe von „Politik und Kultur“, der Zeitung des Deutschen Kulturrates. Gleichzeitig alarmiert der Verband der Literaturübersetzer die Öffentlichkeit: Das Auswärtige Amt plane, seine Literaturförderung um dreißig Prozent zu kürzen, schreibt der Verbandsvorsitzende Hinrich Schmidt-Henkel im monatlichen Newsletter. Das habe eine Referentin des Ministeriums der Leitung der Frankfurter Buchmesse und den Übersetzern bei einem Treffen mitgeteilt, bestätigt er auf Nachfrage. Den Betroffenen sei geraten worden, sich um Sponsorengelder aus der Wirtschaft zu bemühen – ein zynischer Vorschlag, weiß man doch, wie uninteressant Literatur für potenzielle Sponsoren ist.

Jedenfalls wird es wegen der Kürzungen auf der nächsten Frankfurter Buchmesse kein eigenständiges Übersetzerzentrum mehr geben. Es hatte sich in den vergangenen sieben Jahren als Forum und internationaler Begegnungsort etabliert. „Viele Kollegen sehen das als Ohrfeige für eine Zunft, ohne die es den internationalen Literaturaustausch nicht gäbe“, sagt Schmidt-Henkel. Jürgen Jakob Becker, stellvertretender Leiter des Literarischen Colloquiums Berlins, bestätigt, dass sein Haus wegen der Kürzungen des Auswärtigen Amts sein Übersetzungsförderungsprogramm einstellen muss. Sonst sei man bei den jüngsten Sparrunden noch glimpflich weggekommen.

Der Leiter der Berliner Literaturwerkstatt, Thomas Wohlfahrt protestierte bei Staatsministerin Pieper gegen die völlige Streichung der Unterstützung für internationale Literaturprojekte, die dazu geführt hätte, dass weitere Geldgeber ausgestiegen wären. Das Ministerium lenkte ein, doch bis zur Hälfte der bisherigen Fördersumme des Auswärtigen Amtes droht der Literaturwerkstatt weiterhin verloren zu gehen. Christine Regus, Sprecherin des Goethe-Instituts, berichtet von verkraftbaren Sparauflagen in diesem Jahr: „Mehr Sorge macht uns der Bundeshaushalt 2011.“ Die einschneidende Kürzung der Übersetzungsförderung trifft das Goethe-Institut nur indirekt. Doch für ein glückliches kulturpolitisches Signal in Richtung Ausland halte man die Kürzung nicht.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes, die nicht mit Namen genannt werden wollte, möchte sich vor dem heutigen Freitag zu den Sparplänen nicht äußern. Der Bundeshaushalt sei noch nicht endgültig verabschiedet, nun gebe es eine „Bereinigungssitzung“ des Haushaltsausschusses. In den vom Auswärtigen Amt mitfinanzierten Kultureinrichtungen ist die jüngste Sparwelle jedoch längst angekommen. Weil noch verhandelt wird, bleibt die öffentliche Aufmerksamkeit bislang gering. Die Wende in der Auswärtigen Kulturpolitik unter Guido Westerwelle – sie vollzieht sich in aller Stille. 

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