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Literatur: Mein Leben mit Jean Seberg

Neu übersetzt: Romain Garys „Die Liebe einer Frau“

Zwölf Mal Jean Seberg und einmal Romy Schneider, Letztere aber doppelseitig, immerhin. Der Verlag scheut keine Mühen, um den Verkauf seiner Neuausgabe von Romain Garys Roman „Die Liebe einer Frau“ mit den Reizen zweier Stilikonen auf die Sprünge zu helfen. Dazu die Männer an ihrer Seite: Yves Montand und der Autor Gary selbst. Diesen spezifischen Typus des galant-stilsicheren, lässig-eleganten Lebemann-Gentleman konnte es wohl nur bis in die siebziger Jahre geben.

Ähnlich souverän wie in seinem Auftreten erweist sich Gary als Literat. Seinen Hang zum süffigen Pathos immunisiert er gegen den Kitschverdacht mittels eines betrunkenen Erzählers – den er darüber hinaus ausstattet mit der konträren Eigenschaft bitterer, mitunter boshafter Ironie. „Ich verstehe nicht, wie eine Liebe enden kann ...“, klagt Lydia. „Ja, das scheint die ganze Institution in Misskredit zu bringen“, kommentiert Michel. Lydia und Michel: „Zwei Menschen auf der Flucht, die sich in ihrer Einsamkeit Beistand leisten, während das Leben darauf wartet, dass es vorübergeht.“

Der Roman skizziert den Ablauf einer einzigen Nacht, die sie gemeinsam verbringen. Es ist die Nacht, in der Michels tödlich an Krebs erkrankte Frau den verabredeten Suizid vollzieht. Lydia ist das Opfer eines Unfalls, der kurz zuvor ihre kleine Tochter getötet und den Mann zum Pflegefall gemacht hat. Eine extreme Konstellation, Garys Vehikel für sein eigentliches Anliegen: das Loblied auf die große Liebe – unbedingt, unerbittlich, unwiderlegbar. „Eine Frau, ein Mann – und wie beim Würfeln ist der Zufall aufgehoben.“

Als Garys ganz große Liebe – und Inspiration für den Roman – gilt die Schauspielerin Jean Seberg. 1977 erschien das Buch, 1979 folgte die Verfilmung von Costa-Gavras, mit Yves Montand und Romy Schneider in den Hauptrollen. Nur wenige Jahre spiegelte sich die fiktive Handlung in den Biografien der Personen: Seberg und Gary beendeten ihr Leben durch Suizid, bei Romy Schneider ist das nicht sicher. Sicher ist, dass Schneiders kleiner Sohn an den Folgen eines tragischen Unfalls starb; und sicher ist, dass Yves Montand seine Frau an den Krebs verlor. Nicht nur der Schriftsteller Romain Gary, auch das Leben versteht sich auf die Kunst der boshaften Ironie.Jens Müller

Romain Gary:

Die Liebe einer Frau. Roman. Aus dem

Französischen von Leon Scholsky.

Verlag SchirmerGraf,

München 2009.

192 Seiten, 18,80 Euro.

Jens Müller

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