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Verschlankung: Neue Opulenz bei "Literaturen"

Es ist ein merkwürdiges Geschäftsgebaren, das der Herausgeber und seit einigen Wochen auch der Chefredakteur der Zeitschrift "Literaturen", Michael Merschmeier, an den Tag legt.

Da muss Merschmeier bestätigen, dass die Hälfte der vierköpfigen „Literaturen“-Redaktion Ende des Jahres entlassen und das Heft nur noch alle zwei Monate erscheinen wird (Tsp. vom 1. 9.). Und da versucht er nun in höchsten Tönen, das nach einem Relaunch frisch überholte, in dieser Form erstmals im Oktober erscheinende „Literaturen“-Heft anzupreisen. Von einem „Seherlebnis“ spricht Merschmeier jetzt gegenüber der Nachrichtenagentur ddp, wahlweise von „einem Leseerlebnis“, das die Zeitschrift in Zukunft sein werde, mit besserem Papier und mehr Seiten. Die kritisch-journalistische Berichterstattung und die Aktualität stünden sowieso nicht mehr im Vordergrund: „Opulenz spielt eine größere Rolle.“

Man nennt so was wohl „nach vorne verkaufen“. Oder auch: Opulenz durch Verschlankung. Das Befremdliche dabei ist: Merschmeier wirbt für die schöne neue und, wie er hofft, auch gewinnbringende Welt eines Heftes, das genau von den Leuten lange Zeit mitkonzipiert wurde, die nun entlassen werden. Zudem wirkt Merschmeiers Wortwahl wie die Bestätigung der Sorgen der einstigen „Literaturen“Chefredakteurin und Mitbegründerin Sigrid Löffler, die 2008 eine „Änderung der Blattlinie“ von einem literaturkritischen zu einem „Wohlfühl- und ServiceHeft“ nicht mehr mitmachen wollte.

Wie opulent und servicelastig „Literaturen“ am Ende werden wird, zeigt sich im Oktober. Sicher ist, dass das Magazin das Internetportal „Kultiversum“ mit anschieben soll, das der Friedrich Berlin-Verlag ebenfalls herausbringen will. Der Verlag gehört zur Stuttgarter KlettGruppe und bringt auch Zeitschriften wie „Opernwelt“ und „Theater heute“ heraus. Gute, überzeugende Werbung sieht anders aus. gbar

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