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Literaturbetriebskolumne: Lieber soft als hart

Wie die Bestsellerlisten sich verändern: "Spiegel" und "Buchreport" berücksichtigen Softcover wie Bücher von Charlotte Roche oder Jussi-Adler Olson ab Juli diesen Jahres nur noch in der Taschenbuchbestsellerliste. Die E-Books betrifft das nicht: Für sie hat jeder Anbieter eine eigene Liste.

Wenn der S. Fischer Verlag seine Programmvorschauen an Buchhändler und Redaktionen verschickt, ist immer eine Vorschau mit dabei, auf der steht: „Diese Taschenbücher sind keine Taschenbücher!“ Ein gespielter Witz, könnte man denken. Doch der Verlag will darauf hinweisen, dass diese Taschenbücher Originalausgaben und deutsche Erstveröffentlichungen sind und nicht ein oder zwei Jahre zuvor als gebundene Bücher veröffentlicht wurden.

Die Veröffentlichung von Taschenbuchoriginalausgaben ist gängige Praxis. Die Verlage produzieren diese Titel ganz gezielt, nicht zuletzt um Kosten in der Herstellung zu sparen. Aber es gibt viele andere Gründe. Manche Titel funktionieren auf dem Taschenbuchmarkt besser, insbesondere Krimis und Thriller. Bei anderen sind sich die Verlage unsicher, ob sie überhaupt funktionieren, wie zum Beispiel die Romane eines Joachim Lottmann, die KiWi stets als Taschenbuch veröffentlicht. Oder man denke an die Edition-Suhrkamp-Reihe. Deren Titel sind oft höchst lesenswert, gehen aber leider oft unter, da der Suhrkamp Verlag sich nach der Veröffentlichung nicht mehr um sie kümmert.

Anders verhält sich das mit den sehr erfolgreichen sogenannten Softcovern. Diese Bücher sind größer als Taschenbücher, haben aber keinen festen Einband, sind also nur kartoniert, nicht gebunden. Der Deutsche Taschenbuchverlag (dtv) etwa veröffentlicht unter dem Label dtv premium Originalausgaben im Softcover. Auch die Bücher von Charlotte Roche (Piper), Sarah Kuttner (S. Fischer) oder Tommy Jaud (KiWi) sind alle als Softcover erschienen. Ihr übermäßiger Erfolg hat nicht zuletzt mit dem Format und dem im Vergleich zu gebundenen Büchern geringeren Preis zu tun.

In den Bestsellerlisten jedoch stehen die Softcover in der Hardcover-Liste, und genau das wollen der „Spiegel“ und das Branchenmagazin „Buchreport“, das die Liste für den „Spiegel“ erstellt, ändern. Ab Juli sollen in der „Spiegel“-Bestsellerliste „ausschließlich fest gebundene Bücher (Hardcover) berücksichtigt“ werden. Und die „Spiegel-Online“-Liste, auf der die erfolgreichsten Taschenbücher geführt werden, wird zur „Taschenbuch/Paperback“-Bestsellerliste umbenannt.

Bücher von Jussi-Adler Olson (dtv premium), Roche oder Jonas Jonasson (Carl Books) stehen demnächst also auf der Taschenbuch/Paperback-Liste – so sich die Verlage nicht überlegen, neue Bücher dieser Autoren als Hardcover aufzulegen. Vermutlich wäre das kein Problem. Das Geld spielen Roche und Co eh ein, sie sind als Marken etabliert. Anders sieht das bei einem Thriller-Autor wie Don Winslow aus, der vor drei Jahren mit seinem bei Suhrkamp als Softcover veröffentlichten Roman „Tage der Toten“ auf der Hardcover-Bestsellerliste landete. Winslow hat in den Taschenbuchlisten eher weniger Chancen. Die Größenordnungen sind andere, es müssen für eine Platzierung viel mehr Exemplare eines Titels umgesetzt werden.

„Spiegel“ und „Buchreport“ aber geht es um „Vereinheitlichung“, man will „Irritationen bei Buchkäufern“ in Zukunft vermeiden. Das verwundert. Denn die Formatpalette ist mit den E-Books noch größer geworden – und jeder E-Book-Anbieter hat seine eigenen Listen. So steht etwa bei libri.de Charlotte Links „Der Beobachter“ auf Platz 1, genau wie bei thalia.de. Im Amazon-Kindle-Shop ist es eine Eigenproduktion: Max Allen Collins’ Thriller „True Detective“, aus dem Amazon Encore Verlag, für 2,48 Euro. So viel zur guten, alten Buchpreisbindung!

Auch der Hanser Verlag will da nicht nachstehen und hat in seiner Frühjahrsvorschau erstmals eine E-Book-Bestsellerliste veröffentlicht. Die führt Arno Geiger mit „Der alte König in seinem Exil“ an, gefolgt von Ecos „Der Friedhof in Prag“ und Büchern von Daniel Glattauer, allesamt Bestseller auch im Hardcover. Der E-Book-Anteil am Gesamtumsatz aber ist gering. Christina Knecht von Hanser beziffert ihn mit einem Prozent. Das sind bei einem Bestseller mit 200 000 verkauften Exemplaren gerade 2000 E-Books. „Der Vorlauf bei den Hardcovern muss massiv sein, dann verkaufen sich auch die E-Book-Ausgaben“, so Knecht. So ist das nicht nur bei Hanser: Charlotte Links „Der Beobachter“ steht auch auf Platz eins der „Spiegel“-Taschenbuchbestsellerliste, eine Originalausgabe im Übrigen.

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