zum Hauptinhalt
Ekel mit den Scherenhänden. Wolverine

© epd

Kultur: Lolita gegen Lotosblüte

Mutig ernst: Der Metallklauenkämpfer „Wolverine“ ist wieder unterwegs.

Mit Wolverine, haarig, miesepetrig, Mutant, ist zuweilen nicht gut Kirschen essen. Das weiß man, wenn man Marvels X-Men-Comicuniversum oder die X-MenFilme und deren Spin-Offs kennt. Der starke Metallklauenkämpfer mit seinen Selbstheilungskräften hat zwar das Herz an der richtigen Stelle – es schlägt für die Telepathin Dr. Jean Grey. Aber „Weg des Kriegers“, nach „X-Men Origins: Wolverine“ die zweite, diesmal vom Hauptdarsteller Hugh Jackman selbst produzierte Solo-Wolverine-Story, erzählt von einer düsteren Zeit für Außenseiter: Mutierte Freunde, selbst Liebende sind perdu. Wolverine haust tippelbrudergleich in den Wäldern und träumt von Jean. Ab und zu darf er – immerhin – mit einem Grizzly ein kollegiales Grunzen tauschen.

Plötzlich aber holen ihn Vergangenheit und Zukunft gleichzeitig ein. Dies geschieht in Form der adoptierten Enkelin eines japanischen Soldaten, dem Wolverine einst in Nagasaki das Leben rettete. Jahrzehnte später will der todkranke Multimillionär dem ewigen Krieger das geben, was er sich sehnlichst erwünscht: die Sterblichkeit. Wolverine winkt zwar erst mal ab, lässt sich dann jedoch herbei, dem Japaner wenigstens auf dessen Sterbebett Sayonara zu sagen. Alsbald allerdings beginnt eine Hatz zwischen Wolverine, mysteriösen Yakuza, die es auf eine zweite Enkelin abgesehen haben, und weiteren Gestalten aus dem Imperium des verstorbenen Magnaten. Schon geht Wolverine seiner Kräfte verlustig und blutet, wenn man ihn sticht. Die Lösung: Gemeinsam mit den beiden Frauen – die eine ganz Samurai-Gothic-Lolita, die andere ganz Lotusblüte und auf dem Weg zu Wolverines kaltem Herzen – muss er eine schlangengiftverspritzende Mutantin namens Viper besiegen, die sich jederzeit häuten kann, wenn ihr die Hülle mitsamt Blondhaar lästig wird.

Offenkundig wollte Hugh Jackman, zuletzt oscar-nominiert für „Les Misérables“, mit „Weg des Kriegers“ mehr erzählen als ein Böse-haut-Gut-Spiel. Die X-Men, denen es im Kern um den Ursprung der Fremdenfeindlichkeit geht, sind dafür eine gute Plattform: Vor allem das 2011 entstandene Prequel „X-Men: First Class“ und der von Bryan Singer elf Jahre davor inszenierte erste X-Men-Film spielten unterhaltsam und sogar weise mit dem Sujet. Und, ganz nach Hollywoodregeln, gab es stets genug Humor und Love-Interest-Konflikte für ein breites Publikum.

„Weg des Kriegers“ ist dagegen ein dunkler, ernster Martial-Arts-Film. Insofern bewegt er sich mutig weit weg vom Kampfgetöse der übrigen Werke. Letztlich aber stapft der Protagonist doch meist ratlos durch einen Wust seltsam aktionsarmer Actionszenen. So fehlt der Druck, der für die Lust an solchen Stories nötig ist. Die Motive der Bösen bleiben im Dunkeln, Wolverines Liebe zu Jean Grey reduziert sich auf ein paar weichgezeichnete Traumsequenzen, und seine erwachende Leidenschaft für die langweilige Lotusblüte wirkt vollends unverständlich. Dabei würde man den Grund für seine Dauerkrisenfalte auf der Stirn nur zu gern verstehen. Jenni Zylka

In 19 Berliner Kinos

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false