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Kultur: Luftbrücke ist billiger als Krieg

Zuletzt brummte es im Neunzig-Sekunden-Takt: Das Geräusch der landenden "Rosinenbomber" wirkte beruhigend auf die Berliner Bürger, wußten sie doch ihre Versorgung gesichert.Während der sowjetischen Berlin-Blockade zwischen Juni 1948 und Mai 1949 flogen etwa 250 Maschinen der West-Alliierten Tag und Nacht zwischen Frankfurt und Berlin hin und her - insgesamt 322 Tage.

Zuletzt brummte es im Neunzig-Sekunden-Takt: Das Geräusch der landenden "Rosinenbomber" wirkte beruhigend auf die Berliner Bürger, wußten sie doch ihre Versorgung gesichert.Während der sowjetischen Berlin-Blockade zwischen Juni 1948 und Mai 1949 flogen etwa 250 Maschinen der West-Alliierten Tag und Nacht zwischen Frankfurt und Berlin hin und her - insgesamt 322 Tage.Das Historische Museum in Frankfurt am Main erinnert an die vor fünfzig Jahren gestartete, legendäre Hilfsaktion.Brummen eines "Rosinenbombers" ertönt alle drei Minuten recht markant, begleitet von ordentlichem Windgebläse.Die in Zusammenarbeit mit der Flughafen Frankfurt Main AG entstandene Ausstellung ist auf das Schauen ausgerichtet, erläuternde Texte und die Politik kommen recht kurz.Dem amerikanischen Historiker John Provan, der die Ausstellung konzipierte, geht es um die menschliche Seite der Aktion, er würdigt den Alltag der Piloten und der auf Hilfe angewiesenen Berliner.

150 Großfotos, viele technische Geräte, Flughafenmodelle, alte Kohlensäcke, CARE-Pakete, Kinderzeichnungen und andere persönliche Stücke lassen die damalige Zeit lebendig werden.Am Anfang begegnen sich ein farbiger US-Soldat und ein beinamputierter deutscher Kriegsheimkehrer, am Ende zimmern beide an einer Kiste - aus Siegern und Besiegten sind Freunde geworden.Dazwischen wird auf 500 Quadratmetern Ausstellungsfläche der bisher größte humanitäre Flugeinsatz in Erinnerung gerufen, wobei alte Positionsleuchten den Besucher durch dreizehn Abteilungen leiten.Das Spektrum reicht von den ersten Nachkriegsbildern in Frankfurt und Berlin über die Währungsreform und die ausführlich gewürdigten navigatorischen Leistungen der Piloten in den engen Luftkorridoren bis zu den kargen Rationen der Berliner.

Bedauerlich allerdings, daß von den damals mithelfenden Briten und Franzosen kaum Rückmeldungen auf Anfragen Provans und damit wenig Ausstellungsobjekte kamen.Das rare britische Material weist auch auf die Kooperationsprobleme der Alliierten hin.Während die Amerikaner gezielt nur einen Flugzeugtyp einsetzten, agierten die Briten mit zwanzig verschiedenen Maschinen, die zuweilen bleiern in der Luft hingen - mehr als einmal kam man sich ins Gehege.

Wie prägend die Berliner Luftbrücke gerade für Kinder wurde, belegen eindrucksvoll zwei Fotos.Das erste Bild zeigt sie noch beim Kriegsspiel, wenig später bauten sie schon das charakteristische Halbrund des Tempelhofer Flughafens mit Backsteinen nach und spielten Luftbrücke.Eine Vitrine ist der legendären Idee des US-Piloten Gail Halvorsen gewidmet, Süßigkeiten an kleine Fallschirme zu hängen und sie kurz vor der Landung abzuwerfen.Seine Kollegen machten es ihm nach - so brachten sie nicht nur über zwei Millionen Tonnen Hilfsgüter, sondern es "regnete" auch 22 Tonnen Naschereien.Da klingt es fast makaber, daß die Luftbrücke nur zwei Milliarden Mark kostete, der Zweite Weltkrieg aber täglich eine Milliarde Mark verschlang - entsprechend eindeutig und rasch fiel die amerikanische Entscheidung gegen eine militärische Aktion.Die Amerikaner führen bis heute Luftbrücken in Krisengebiete durch, doch Provan rechnet vor, daß bei allen Aktionen - auch für Bosnien - insgesamt nur die Hälfte der Güter befördert worden ist, die während der Berliner Luftbrücke transportiert wurden.

Frankfurt (Main), Historisches Museum, bis 11.Oktober, Katalog 34 DM.

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