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Wer will diese geheimnisvolle Frau eigentlich sein? Lykke Li.

© Sven Manguard/Wikipedia

Lykke Li im Astra Kulturhaus Berlin: Der Ruf des Uhus

Die schwedische Sängerin Lykke Li liebt es dramatisch. Bei ihrem Konzert im Berliner Kulturhaus Astra hat sie das jetzt wieder bewiesen.

Verletzlich wirkt Lykke Li nur zweimal. Einmal, als sie „Love Me Like I’m Not Made Of Stone“ spielt, den dramatischsten und vielleicht schönsten Song ihres neuen Albums „I Never Learn“. Und am Ende, bei der Zugabe. Da singt sie „Du Är Den Ende“, einen schwedischen Pop-Oldie aus dem Soundtrack zum Film „Tommy“, in dem sie ihr Schauspieldebüt gab.

Ansonsten ist die Traurigkeit an diesem Abend offensiv und dramatisch gestaltet – man kann ihr schwer ausweichen. Vor allem die ersten 20 Minuten fühlt man sich, als würde einen eine Mollwalze überfahren. Wenn man sich das Album anhört, fällt das gar nicht so sehr auf. Man weiß von der letzten Platte „Wounded Rhymes“ (2011), dass Lykke Li einen Hang zum Drama hat, und die neue Platte ist nicht umsonst nach einer sehr, sehr getragenen B-Seite der Shangri-Las benannt. Im Astra aber wirken die neuen Lykke-Li-Songs – sie spielt fast das komplette Album –  wie Schauspieler, die zu viel Schminke tragen. Eine Background-Sängerin mit ähnlicher Stimmfarbe doppelt die Vocals, die Keyboards kleiden den Raum aus. Kurz fühlt man sich wie auf einem Cranberries-Konzert, das geht zum Glück rasch wieder vorbei. Lykke Li tanzt expressiv und macht dazu mit den Händen Alexander-Klaws-Bewegungen, manchmal wird Nebel auf die Bühne geschossen, das Licht kommt oft von hinten. Sie trägt etwas Schwarzes, Großes und sieht darin aus wie ein Schattenriss von Janis Joplin. Einmal möchte sie Whiskey.

Die Stimmung des Abends pendelt also zwischen Extremen. Mal fühlt man sich wie im Märchenwald, vor allem, weil zwischen den Songs der Instrumentenpark nie verstummt. Immer weht irgendein Ton herum, der auch der Ruf des Uhus oder der Tritt des Bibers im Unterholz sein könnte. Mal ist das Licht gelb und flackert, als würden Lykke und die Band um ein Lagerfeuer tanzen. Sie singt über Steine, und über Flüsse, und da passt das ganz gut: Lykke Li nimmt uns mit in die Natur.

Die Sache ist nur: Lykke Lis Musik ist eigentlich Großstadt. Zum Beispiel „I Follow Rivers“, das im The-Magician-Remix vor gut zwei Jahren ewig in den Hitparaden herumstromerte. Das war Autoradiomusik, auch wenn Lykke Li das vermutlich nicht gerne hört. Oder die Songs des 2008 erschienenen Debüts „Youth Novels“. Die klangen nach dem Club, nach angesoffenen Nächten am Fluss, nach Jutebeuteln und jungen Menschen auf unbeleuchteten Fahrrädern. Live stechen diese Songs heraus. Wo „I Follow Rivers“ noch in den Gesamtklang integriert wird, indem die Band den Beat heraus- und eine wummernde Orgel hineinschraubt, die dem Stück fast etwas Klerikales gibt, sind Songs wie die spät gesetzten „Little Bit“ oder „I’m Good, I’m Gone“ Fremdkörper im Programm. Das Licht flackert rot, plötzlich ist nicht mehr der Schlagzeuger der Taktgeber, sondern sein elektronischer Cousin, der Drumcomputer. Das ist toll, aber eben nur noch eine Marginalie. Wer Lykke Li ist und wer sie sein möchte, weiß man nach diesem Abend nicht.

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