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Kultur: Mädchen an die Macht

Im Kino: „Merida“, ein Märchenfilm von Pixar.

Seit 17 Jahren schenkt uns Pixar jeden Sommer einen Animationsfilm. Zwölf Oscars gab’s bislang dafür. Jedes Werk ein Ereignis, wie einst die Trickfilme von Disney – dem Konzern blieb gar nichts anderes übrig, als das Studio 2006 aufzukaufen. Mit „Merida“ begibt Pixar sich nun erstmals auf angestammtes Disney-Terrain, ins Märchenland. Merida ist das älteste Kind einer schottischen Königsfamilie. Vater Fergus, ein stämmiger, lebensfroher Krieger, und Mutter Elinor, strenge Landesmutter, wollen sie verheiraten. Doch die Prinzessin hat ihren eigenen Kopf – und wenig Lust auf liebliches Motivsticken oder gesittete Konversation. Lieber reitet sie wild durch den Wald, ihre feuerrote Mähne im Wind. Als die Mutter trotzdem die Clans der benachbarten Reiche einlädt, um Merida zu vermählen, ergreift sie die Flucht und sucht Hilfe bei einer Hexe. Doch deren Zauber fällt anders aus als erwartet. Mutter und Tochter müssen lernen, zusammenzustehen, um die Dinge wieder ins Lot zu bringen.

„Merida“ ist der erste Pixar-Film mit einer weiblichen Hauptfigur, der erste auch von einer weiblichen Regisseurin. Teilweise zumindest: Brenda Chapman („Der Prinz von Ägypten“), die auch die Geschichte schrieb, wurde auf halbem Weg durch Mark Andrews ersetzt. Vielleicht wirkt die Handlung deshalb unausgereift, als hätte sich eine ursprüngliche Idee nicht durchsetzen können, weil zu viele Kompromisse gemacht wurden. Zudem behilft man sich mit schwerfälligen Erzähltricks, etwa einem mythischen Bär, der immer dann auftaucht, wenn die Handlung eine Wende braucht.

„Merida“ mag Pixars erster klassischer Märchenstoff sein – und ist doch der am wenigsten märchenhafte Film des Studios. Denn wieder wird das Prinzessinnen-Thema durchpsychologisiert: Mutter und Tochter verstehen sich nicht, reden nicht miteinander. Vielleicht wollte man den alten Stereotypen damit etwas anderes entgegensetzen. Doch die mutlose Mutter-Tochter-Geschichte erinnert eher an Teenie-Serien als an zeitlose Märchen. Kann man schon machen – aber warum jetzt auch noch von Pixar? Pixar-Filme wirken trotz ungewöhnlicher Ideen ja meist wie klassische Erzählungen – weil die Figuren einfachen Motiven folgen und naive Geschichten auf reife Weise erzählt werden (das exakte Gegenteil etwa zu „Shrek“). In „Merida“ gähnt dem Zuschauer nun dieselbe Küchenpsychologie entgegen, die auch sonst überall das Handlungsgerüst bildet.

Ein Film mit Tempo, Witz und herrlicher Animation ist es dennoch geworden, trotz der unausgegorenen Story. Nach dem enttäuschenden „Cars II“ sorgt „Merida“ aber nicht dafür, dass Pixar wieder zu Hochform aufläuft. Und nächstes Jahr? Folgt eine weitere Ausgabe der „Monster AG“. Sebastian Handke

in 18 Berliner Kinos

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