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MÄNNERLEBENRichard Ford liest aus „Die Lage des Landes“: Wen der Truthahn ruft

Er ist der originellste Küchentischphilosoph, den man sich vorstellen kann, und denkt und denkt und denkt. Als Immobilienmakler, der eigentlich Schriftsteller werden wollte und sich dann als Sportreporter verdingte, lässt sich Richard Fords Romanheld Frank Bascombe aber nicht mit einem schnellen Blick würdigen.

Von Gregor Dotzauer

Er ist der originellste Küchentischphilosoph, den man sich vorstellen kann, und denkt und denkt und denkt. Als Immobilienmakler, der eigentlich Schriftsteller werden wollte und sich dann als Sportreporter verdingte, lässt sich Richard Fords Romanheld Frank Bascombe aber nicht mit einem schnellen Blick würdigen. Und in den 22 Jahren, die seit seinem erstem Auftritt in „Der Sportreporter“ vergangen sind und den zwölfen seit „Unabhängigkeitstag“, hat sein literarischer Vater jeden Zentimeter seiner Seele vermessen.

Im Abschluss der Bascombe-Trilogie mit dem deutschen Titel „Die Lage des Landes“ erzeugt Richard Ford, geboren 1944 in Jackson/Mississippi, mit einem Minimum an äußerem Geschehen auf 700 Seiten ein Maximum an innerer Spannung. Zwei Tage vor Thanksgiving begleitet er Bascombes Fährnisse zwischen Haddam, wo sein Held noch in „Unabhängigkeitstag“ wohnte, und dem neuem Wohnort Sea-Clift an der Küste. Die mehrmals variierte Leitfrage lautet: „Bist Du bereit, deinem Schöpfer zu begegnen?“ Denn in der Mayo-Klinik hat sich Bascombe „die Prostata mit sechzig radioaktiven Smart Bombs aus titaniumumhüllten ,Schrotkugeln’, namens Jod-Seeds beschießen lassen“, und auch jenseits der Krebs-Bedrohung läuft alles ziemlich schlecht. Noch dem schrecklichsten Moment aber versucht er, mit der Frank eigenen Selbstironie, eine komische Wendung abzuringen. „Die Lage des Landes“ ist eine hinreißende Expedition in das männliche Lebensgefühl und Bewusstsein mit 55. In Berlin liest Ford jetzt aus dem sprachlich virtuosen Original, Christian Brückner aus der deutschen Übersetzung. Gregor Dotzauer

Admiralspalast, Fr 19.10., 20 Uhr, 15 €, erm. 10 €

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