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Ein Paar, eine Leidenschaft. Sir Simon Rattle und seine Frau Magdalena Kožená führen im Pierre Boulez Saal unter anderem Chansons und Dvorák-Lieder auf.

© Peter Adamik

Magdalena Kožená und Simon Rattle im Boulez Saal: Herzenswärme

Saisonabschluss im Boulez Saal. Mit Simon Rattle am Klavier und dem wunderbaren Gesang seiner Frau Magdalena Kožená. Gemeinsam schaffen sie atmosphärische Schwebezustände.

Eine schöne nachbarschaftliche Geste: Zum Saisonabschluss tritt Simon Rattle im Boulez Saal auf. Allerdings nicht mit seinem Orchester – das würde beim besten Willen hier nicht hineinpassen –, sondern als Begleiter seiner Ehefrau, Mezzosopranistin Magdalena Kožená. Mit ein paar Künstlerfreunden, darunter der frühere Philharmoniker-Konzertmeister Guy Braunstein, sind sie gekommen, um Kammermusik zu machen. Wodurch sich die seltene Gelegenheit ergibt, Sir Simon am Klavier zu erleben.

Als Interpretin französischer Kompositionen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts ist Magdalena Kožená  kaum zu übertreffen: Ihre Stimme hat die ideale Färbung und Geschmeidigkeit für diese Musik, bei der sich die Gesangslinie organisch aus dem Klang der Sprachmelodie entwickelt. Betörend erblüht die schillernde Harmonik von Ernest Chaussons „Chanson perpétuelle“ im Zusammenspiel mit Klavier und Streichquartett, in Maurice Ravels „Chansons madécasses“, die ein exotisch-archaisches Madagaskar beschwören, gelingen wunderbare atmosphärische Schwebezustände, mal feiner, mal herber parfümiert.

Hinreißend in ihrer folkloristischen Schlichtheit

Zwischen den Werken steht Pierre Boulez’ „Dialogue de l’ombre double“. Der doppelte Schatten, mit dem Staatskapellen-Klarinettist Jussef Elsa hier Zwiesprache hält, ist ein elektronischer und kann sich dank sechs rund ums Zuschauer-Oval platzierter Lautsprecher auf faszinierende Weise frei im Raum bewegen. In neue Sphären stößt auch ein anderer Zeitgenosse vor, Aribert Reimann, wenn er Johannes Brahms’ „Ophelia-Lieder“ für Mezzosopran, zwei Violinen, Bratsche und Cello arrangiert: Der dichte, erdige Quartettsatz wirkt ungemein suggestiv, weil er Magdalena Kožená's Stimme organisch-wuchernd umrankt, wenn sie Shakespeares Wahnsinnsworte deklamiert.

Ein Heim(at)spiel für die Tschechin ist die Auswahl von Dvořák-Liedern, bei denen in Duncan Wards Bearbeitung Flöte und Klarinette als „ländliche“ Instrumente zu den Streichern hinzutreten. Ganz weich ist Koženás Tongebung jetzt, voll Herzenswärme, hinreißend in ihrer folkloristischen Schlichtheit, der natürlichen wie der kunstvoll gewollten. Für die Ovationen des Publikums bedankt sie sich mit Dvořáks „Gute Nacht“ und Richard Strauss’ „Morgen“.

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