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Maler Franziskus Wendels: Rettung in der Dunkelheit

Viele Bilder von Franziskus Wendels lösen beim Anschauen Geschichten aus, legen sich über eigene Erinnerungen, lassen einen in die gemalten Szenen tauchen. In der Galerie Brennecke ist dem Maler eine Ausstellung gewidmet.

Die einfachste Art, Versuchungen zu begegnen, ist ihnen – nachzugeben. Wer durch die herbstliche Mommenstraße flaniert, wird angezogen von den Bildern in den Räumen der Galerie Brennecke. Ein fenstergroßes, leicht unscharfes Gemälde von einem Hotelzimmer. Rot- und Brauntöne. Die Nachttischlampe brennt. Das Bett aufgedeckt, aber noch nicht benutzt, streifig fällt Licht durch die zugezogene Jalousie. Man erwartet, dass jeden Moment jemand um die Ecke kommt, ein Paar aufs Bett fällt, das Liebesspiel beginnt.

Ähnliche Bilder einer menschenleeren, nächtlichen Bar, durch die Scheiben die verregnete Straße. Der Pool im Garten einer Bauhausvilla, angeleuchtet, menschenleer. „The Party is Over“. Viele Bilder des Malers Franziskus Wendels lösen beim Anschauen Geschichten aus, legen sich über eigene Erinnerungen, lassen einen in die gemalten Szenen tauchen. Gerade weil keine Personen in den Bildern auftauchen, sie in der Farbgebung reduziert, mehr lasiert als gemalt sind, wecken die Arbeiten die Vorstellungskraft. „Mich interessieren Erinnerungsbilder“, sagt der Künstler, „die reduziert sind, um offen zu bleiben für Erfahrungen anderer und deshalb die Situation in der Schwebe halten“. Das beschreibt auch den Ansatz der Fertigung. Obwohl die Bilder an fotorealistische Arbeiten erinnern – Wendels war einer der Künstler in der großen Realismusausstellung 2011 in der Hamburger Kunsthalle –, entstehen sie nicht nach Fotos. Wendels hat in den Taschen seiner Hosen immer ein kleines Skizzenbuch. Unterwegs fallen ihm Situationen auf, die er mit dem Bleistift skizziert, später in Tusche ausarbeitet und dann mit Lack, Pigmenten und Öl auf der Leinwand umsetzt. Er versucht, „die Magie der Situation“ zu bannen. Und diese Magie verzaubert. schlägt den Betrachter in Bann.

Faszination des Lichtes

„Bagno“, eine Tür zum Bad oder einer Bistrotoilette, leicht geöffnet, ein Waschbecken im Anschnitt, eine Lampe, ein Spiegel. Man vermisst die sich waschende Frau, den sich rasierenden Mann; und sie fehlen doch nicht. Man spürt ihre Gegenwart und ist fasziniert vom Spiel aus Preisgabe und Verdeckung.

Ähnlich wie sich der amerikanische Maler Edward Hopper immer gegen den Einsamkeitsvorwurf, den seine Bilder ausstrahlten, gewehrt hat und betonte, es gehe ihm um das Licht, sind Wendels Bilder nicht trist und trostlos. Sie sind dunkel, um mit dem Licht zu spielen. „Stille und Dunkelheit müssen wir retten“, bekennt jener Wendels, der in dem Eifeldorf Daun aufgewachsen ist, bevor er in Mainz, Lyon und Berlin studierte und die Stadt als sein Thema und die urbanen Lichter als faszinierende Motive entdeckte. Waren seine Bilder vom Potsdamer Platz noch sehr pastos, grelle Farbklecksschlachten, wenn man unmittelbar davorstand, haben seine Bilder nun einen spurenlosen Farbauftrag. Geblieben ist die Faszination des Lichtes, in Arbeiten wie den Landschaften so reduziert, dass sich mühelos der Übergang ins Abstrakte andeutet. Wendels mehrfach preisgekrönte, museal und prominent gesammelten Arbeiten funktionieren nicht auf einer Kunstmesse. Dafür fehlt ihnen das marktschreierische Pathos.

Ein Querschnitt der Arbeiten aus den vergangenen fünf Jahren ist in der Galerie zusammengestellt. Es ist schade, dass sich dadurch der serielle Charakter der Arbeiten verliert. Wenn Wendels ein Thema über Monate beschäftigt, entsteht ein Dutzend Bilder, geeint im Thema und völlig unterschiedlich in der Umsetzung. Dieser Entdeckerlust kann man nicht folgen, wenn nur zwei oder drei Bilder einer Serie hängen.
Galerie Brennecke, Mommsenstr. 45; bis 12.11., Mi–Fr 15–19 Uhr, Sa 11–18 Uhr

Wilfried Köpke

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