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Kultur: Maria Eichhorn in der Galerie Barbara Weiss

Man hätte es unterlassen können, diese Ausstellung zu besuchen; denn die meisten Gegenstände sind bereits daraus verschwunden. Eine Übersicht darüber und über das noch Vorhandene findet man auf einer Liste, die als Einladungskarte verschickt wurde.

Man hätte es unterlassen können, diese Ausstellung zu besuchen; denn die meisten Gegenstände sind bereits daraus verschwunden. Eine Übersicht darüber und über das noch Vorhandene findet man auf einer Liste, die als Einladungskarte verschickt wurde. Maria Eichhorns Präsentation umreißt ein Feld beweglicher Kräfte und Größen und hat als Vorhaben bereits den Status einer Mini-Serie mit eigener Geschichte erreicht. Die dort vorausgegangenen Ausstellungen von 1995 und 1997 sind in das Aktuelle integriert und alle Gegenstände von damals müssen mitgedacht werden, auch wenn sie bereits verkauft und weitergegeben wurden. Sie tauchen in der Liste als hellblau oder violett unterstrichen auf, im Unterschied zu den gelb unterstrichenen, noch vorhandenen Dingen. Doch auch diese Dinge können jederzeit abgerufen werden.

Wozu ist eine Galerie da? Um Kunst zu präsentieren und zu verkaufen. Wenn das Thema also der Modus der kommerziellen Ausstellung selber ist, wäre es da nicht konsequent gewesen, die Preise mit zum Gegenstand zu machen? Die allerdings fehlen auf der Liste. Von Beginn ihres Werkes an hat Maria Eichhorn Beiträge zum "Betriebssystem Kunst" geliefert. Sie hat inmitten des Kunstkontextes Denk- und Handlungsräume bereitgestellt, die von anderen genutzt werden konnten; so zum Beispiel den Raum mit Tischen, Stühlen, Mal- und Zeichenutensilien, in dem Kinder Bilder herstellten, die dann ebenfalls Teil einer Ausstellung wurden. Typisch für ihre Arbeit ist, dass sie ein ausgewogenes Verhältnis herstellt zwischen der formalen Erscheinungsform, die minimalistisch-serielle Züge hat, der begrifflichen und topographischen Definition des jeweiligen Projektes und einem Freiraum für Handlungen, die nicht völlig definiert, jedoch an Regeln gebunden sind. In diesen Handlungsraum kann die soziale Realität einwirken und es stellt sich die unsichere Grenze zur Kunst heraus.

In der Galerie Weiss befindet der Besucher sich in einem Ambiente, das ziemlich abgegrast erscheint, leere Regale mit einigen verlorenen Restbeständen, ein einfacherTisch, ein Raum mit eingepackten Grafiken und eingerollten Leinwänden. Noch da sind Plakate, eine Zeitschrift, ein Video, eine Lichtbildprojektion. Doch künstlerisch signifikante Dinge haben längst Liebhaber gefunden. Der Betrachter hat verschiedene Möglichkeiten: zum Handeln überzugehen, indem er alles durchsieht und eventuell etwas auswählt für sich. Oder er reflektiert nur die Verläufe und fixiert in seinem Gedächtnis, wie das ganze Inventar durch die fortdauernde Reduzierung zu seinem Ausgangspunkt zurückkehrt, nämlich Rohmaterial zu werden für Kunst oder andere Vorhaben. Das liefe eventuell ganz von selbst auf eine allmähliche Trennung hinaus: Die Kunst existiert nur noch als Erinnerung, hat ihre Materialisierung abgelegt und die Materialien werden frei zum alltäglichen Gebrauch.Galerie Barbara Weiss, Potsdamer Straße 93, bis 16. Oktober; Dienstag bis Freitag 12 - 18 Uhr, Sonnabend 11 - 16 Uhr.

Katja Reissner

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