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Der Schauspieler Reda Kateb in der Rolle als Django Reinhardt - eine Szene des Films "Django".

© dpa

Martensteins Berlinale (2): Zwischen Rätseln und Begeisterung

Über Eröffnungsfilme, in denen mindestens ein Roma auftreten sollte, der unmusikalisch ist - und einen Film, bei dem Sie nichts falsch machen. Eine Berlinale-Kolumne.

Der Eröffnungsfilm „Django“, über den Leidensweg des „Zigeunerjazzers“ Django Reinhardt unter den Nazis, hat mir Rätsel aufgegeben. Die Nazis hassen Reinhardts Jazz, trotzdem wollen sie unbedingt, dass er in Deutschland und vor Offizieren Konzerte gibt. Er soll dabei aber völlig andere Musik spielen als seine, mit einer Synkopen-Quote von nur maximal fünf Prozent, Quoten gab es also schon damals. Das ist so, als ob Horst Seehofer für seine Geburtstagsparty unbedingt „Kraftwerk“ buchen will, sie müssen aber bayrische Jodelmusik spielen. Wie wird sich das anhören? Da bestraft sich der Zuhörer doch selber.

Inhaltsangabe: Nazibestien gegen das Gute und Schöne. Das war Realität. Trotzdem fürchte ich, dass es im Kino nicht mehr so einfach funktioniert. Man hat das einfach zu oft gesehen. Die Sinti und Roma wirkten in einigen Szenen so klischeehaft, dass es wider Willen fast schon rassistisch ’rüberkam. Ich rate dringend, in solchen Filmen mindestens einen Roma auftreten zu lassen, der unmusikalisch und ungesellig ist.

"Casting" ist ein umwerfend toller Film

Ich langweile mich meistens in braven Biopics, und ich finde Remakes von schönen alten Filmen meistens überflüssig. Folglich bin ich auch ohne große Erwartungen in „Casting“ gegangen. „Casting“ war dann das intelligenteste Remake, das ich je gesehen habe. Eine Regisseurin versucht, einen Klassiker von Rainer Werner Fassbinder neu zu verfilmen, beim Casting spielen die durchweg großartigen Akteure die Schlüsselszenen nach, das Projekt steht wegen ihrer Unentschlossenheit auf der Kippe. Alle großen Fassbinderthemen werden im Kampf um den Film neu verhandelt, sexuelle Identität, Größenwahn, Liebe, Exzess, Ausbeutung, es ist komisch und tragisch, es ist ein umwerfend toller Film von Nicolas Wackerbarth. Wenn Sie nur einen Film im Festival sehen können: Mit „Casting“ machen Sie nichts falsch, auch wenn Sie den Namen „Fassbinder“ nie gehört haben und das Filmbusiness sie nicht interessiert. Das Thema und die Story eines Films sind ab einer gewissen Qualität des Werkes völlig egal.

Während ich das schreibe, denke ich: Schreib bloß nicht so begeistert. Als Zuschauer bin ich oft enttäuscht, wenn ich vorher zu viel Lob gelesen habe. Das war auch bei „Toni Erdmann“ so, ich dachte, das muss jetzt der beste Film der Geschichte sein. Er war bloß sehr gut. Niemand kann die Erwartung auf ein Wunder einlösen, außer Martin Schulz selbstverständlich.

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